Dienstag, 30. September 2008

Wenn Kampagnen nach hinten losgehen.

Alle reden vom Wetter. Wir nicht.

Das dürfte eine der bekanntesten deutschen Headlines in der Werbung sein.

Geschrieben für die Deutsche Bahn, damals noch Bundesbahn genannt. Da war ich gerade mal 6 Jahre alt.

Einige Jahre nach Veröffentlichung der DB-Kampagne reagierte Fiat zur Einführung seines Fiat Panda, (unter dem Claim „die cleveren Kiste“) auf die Kampagne der Bahn.

Der Hersteller schaltete Anzeigen unter der Schlagzeile:

Reden wir zur Abwechslung einmal vom Wetter.

Das Motiv zeigte den mit Allradantrieb ausgerüsteten Pkw zwischen verschneiten Gleisen.

Die Bundesbahn reagierte mit Anzeigen, die Schnee, Eis, Matsch und Nebel zeigten, verbunden mit der Zeile:

Was sagt die Bahn dazu? Sie schweigt und fährt.

Und so entspann sich ein munterer Schlagabtausch über mehrere Anzeigen, der für eine hohe Bekanntheit sorgte und den Fiat Panda sehr beliebt machte.

Vergleichende Werbung ist ein sinnvoller – und für Kreative spannender – Weg, um eine Produktleistung herauszustellen. Wenn die Leistung auch wirklich besser ist.

Man darf natürlich keine Unwahrheiten verbreiten oder den Konkurrenten verunglimpfen. Hier gibt es gewisse gesetzliche Einschränkungen.

Während es bei der Bahn und Fiat um einen Systemvergleich ging (Auto vs. Bahn), werden die meisten Vergleiche unter direkten Wettbewerbern ausgetragen.

Ein sehr spannender Vergleich der Neuzeit läuft in Amerika gerade zwischen Microsoft und Apple ab.

Apple hat bekanntlich vor einem halben Jahr eine Kampagne gestartet, in der sich der MAC (in Person eines smarten jungen Mannes in Jeans und Turnschuhen) mit dem PC (in Person eines dicklichen Brillenträgers in einem schlecht sitzenden Anzug) spitze Dialoge liefert.

Dabei vermittelt der PC (also Microsoft) einen ziemlich altbackenen Eindruck.

Die Apple-Spots findest du in meinem Beitrag vom 17.9.2008 (der Wurm im Apple).

Jetzt hat sich Microsoft entschlossen, auf diese Kampagne zu reagieren.

Mit einer groß angelegten Kampagne unter dem Motto: I’m a PC.

In Spots bekennen sich die unterschiedlichsten Leute zum PC, darunter einige Hollywoodgrößen wie auch Bill Gates selbst.

Im Internet gibt es eine eigene Website, auf der man sich mit einem selbst produzierten Clip zum PC bekennen kann. Am Time Square in New York gibt es ein interaktives Billboard, an dem diese Clips im Minutentakt erscheinen.

Eine gigantische Aktion. Wieder ausgedacht von der Agentur der Stunde, Crispin Porter + Bogusky.

Allerdings hat sich die Kampagne zwei Stockfehler erlaubt, die am Werbeerfolg zweifeln lassen.

Zum einen, weil sich der absolute Marktführer Microsoft (mit seinem gigantischen Marktanteil) herablässt, auf die Werbung von Apple (mit 5% Marktanteil) zu reagieren und gar deren Anti-Figur aus der Kampagne aufzugreifen.

Ziemlich klein kariert für einen großen Riesen.

Zum zweiten, weil die Kampagne in der Agentur auf Apple Computern (!) zu entwickelt wurde.

Eine Steilvorlage für die Presse, die sich Apple natürlich nicht entgehen hat lassen.

Tipp 22: Wenn du dein Produkt mit dem der Konkurrenz vergleichst, muss es nachvollziehbar besser sein.




Da lässt sich der Marktgigant Microsoft schon herab, auf die Werbung des Marktwinzlings Apple einzugehen. Und dann entwickelt die Agentur diese Werbung doch tatsächlich auf Apple Computern.

So wird aus Microsoft Werbung plötzlich wieder Apple Werbung.

Montag, 29. September 2008

Das Comeback des einzigartigen Produktvorteils.

USP - Unique Selling Proposition.

Man kann über die Piemont Kirsche denken, was an will. Aber eigentlich es ist eine richtig gute Idee. Auch die damit verbundene „Sommerpause“ ist perfekt.

Leider ist die Idee schlecht exekutiert.

Frau Bertani mit ihrem klebrigen, durchsichtigen Marketing-Süßholzgerasple hat aus der wohlklingenden Kirsche eine unerträgliche Werbe-Keule gemacht.

Die Marketingexperten von Mon Chéri (Ferrero) werden zwar entgegen halten, dass diese Kampagne ein voller Erfolg ist. Doch ich behaupte, in den richtigen kreativen Händen hätte es eine volle Granate werden können.

Die Piemeont-Kirsche und der Whopper-Freakout (siehe letzter Beitrag) sind nämlich gar nicht so weit voneinander entfernt.

Eine Agentur hat sich nicht mit dem Briefing zufrieden gegeben, einfach nur eine Kampagne zu entwickeln. Sondern sie haben sich erst über das Produkt und seine Distribution Gedanken gemacht.

Und dann eine künstliche Verknappung hergestellt (Sommerpause vs. Freakout).

Die sich daraus ergebenden Reaktionen hat man in einer Kampagne gebündelt.

Mon Cheri machte es zu Reklame. Whopper macht es zu Kult.

Nachdem die Kommunikation im Übergang vom 20. ins 21. Jahrhundert in Lifestylewelten und sonstige emotionale Szenerien abgedriftet ist, kommen wir heute endlich wieder da an, wo Werbung sein sollte.

Beim Verkauf einer Produktleistung (und das kann übrigens sooo emotional sein).

Viele Werber und Marketingleute haben vergessen, dass die beste Werbung für die Leistung eines Produktes immer noch die Leistung des Produktes selbst ist.

Was hat ein Produkt zu bieten, das interessant und relevant für den Verbraucher ist? Oder, wenn es das Produkt nicht hergibt: Was kann man verändern, das das Produkt interessant und relevant wird (z.B. eine Kirsche erfinden).

Nur in der Kommunikation anders zu sein ist ein Rohrkrepierer. Das Produkt oder die Dienstleistung selbst muss das erfüllen, was wir kommunizieren.

In meinem letzten Beitrag habe ich ja beschrieben, dass es mittlerweile nicht mehr darum geht, ein paar Werbemittel auszudenken, sondern eine Kampagne, die etwas bewegt.

Bewegt werden sollen im Idealfall: Menschen (die helfen, die Botschaft mit zu verbreiten), Medien (die die Botschaft redaktionell aufgreifen) und Märkte (die auf die Botschaft mit Nachfrage oder Neid reagieren).

Dazu muss man sich das Produkt und den Markt genau ansehen, die Gewohnheiten der Zielgruppe unter die Lupe nehmen und sich schließlich das fragen, was sich Jeff Steinhour, Managing Partner bei Crispin Porter Bogusky immer fragt, wenn die Agentur an ein neues Projekt geht:

What conventions can we break in this category?

Ein gutes Beispiel ist die Arbeit für ein kanadisches Bier namens Molson Beer.

Der Kunde bat die Agentur, sich eine Kampagne auszudenken. Die Agentur fand bei ihren Recherchen heraus, dass sich die Männer in Bars gerne mit ihrem Bier so hinstellen, dass man am Etikett sieht, welches Bier sie trinken.

Die Agentur schlug vor, keine Werbekampagne zu machen.

Stattdessen wollten sie die Etiketten neu gestalten. Der Kunde weigerte sich erst. Doch man einigte sich darauf, die Rückseite der Flasche mit dem Aktions-Etikett zu versehen. Und einen Testmarkt zu starten.

Ihr könnt euch denken: das war ein voller Erfolg. Die Verkaufszahlen für Molson Beer schnellten in die Höhe.

Wirklich eine wunderbare Idee.

Ich möchte noch ein zweites Beispiel nennen, das zeigt, wie die Kampagnen-Idee beim Produkt anfängt.

Vor einem Jahr trat das Unternehmen Fish+More, ein Unternehmen für Tiefkühlfische, an uns heran.

Sie fragten uns, ob wir ihnen beim Packungsdesign und bei der kommunikativen Vermarktung für eine neue Bio-Fisch-Range helfen können (Bio-Fisch ist ein Markt, der durch Überfischung und Raubbau der Meere hohe Zuwachsraten hat).

Wir haben nun nicht einfach angefangen, Packungen zu gestalten, sondern uns gefragt, was wir tun müssen, um dieses Produkt einzigartig und unverwechselbar zu machen. Denn auch Bio-Fische sind ja keine neuartige Produktidee.

Im Gespräch mit Kunden hörten wir heraus, dass Transparenz für den Verbraucher immer wichtiger wird. Er will mehr und mehr wissen, woher das kommt, was er sich in den Mund steckt.

Unsere Idee: Verbraucher sollten mit der neuen Bio-Fisch-Range die Chance haben, den Ursprung „ihres Fisches“ zurück verfolgen zu können. Jede Packung sollte einen Code bekommen, mit dem der Verbraucher im Internet die Herkunft, den Fang, die Aufzucht und den Transportweg seines Fisches sehen kann.

Und wir gaben der neuen Produkt-Range den Namen followfish.

Claim: Folge dem wahren Geschmack.

Damit wollen wir nicht nur ein neues Produkt, sondern eine Bewegung einleiten.

Schöne Botschaft: Um die Fische in den Meeren zu schützen, muss man den richtigen Fisch genießen.

-Mit dem neuen ProduktKonzept startete das Unternehmen jetzt im Markt. Und kann erste Listungserfolge verzeichnen (Listung heisst, dass große Lebensmittelhandelskonzerne das Produkt in ihre Supermärkte aufnehmen).

Beide Beispiele unterstreichen, dass die Idee der Kampagne eigentlich beim Produkt oder der Verpackung ansetzt.

Nur kleine Veränderungen an diesen Parametern können schon eine große Idee nach sich ziehen. Und der Produktvorteil ensteht von ganz allein.

Tipp 21: Wenn es keinen Produktvorteil (USP) gibt, überlege dir Veränderungen, die einen schaffen können.




Satt neuen Anzeigen lieber neue Etiketten ausgedacht: Molson Beer.

Die Kampagne startete damit nicht in Zeitschriften, sondern in den Bars
und Kneipen. Direkt am Produkt selbst. Mit einer viel höheren Reichweite und Durchschlagskraft.




Statt Packungsdesign lieber gleich ein neuer Produktname und eine neue Produktidee: followfish.

Über einen Tracking Code auf der Packung kann der Konsument im Internet die Aufzucht, den Fang, die Herkunft und den Transportweg seines Fisches in der Packung verfolgen.

Samstag, 27. September 2008

Sind Anzeigen ein Auslaufmodell?

Meine Kinder (11,16,17) holen ihre Infomationen nicht aus Zeitungen oder Zeitschriften, sondern sie nutzen das Internet.

Ich selbst überfliege die Zeitung nur noch, meine erste Nachrichtenquelle ist Spiegel online.

Und du? Gerade online, wie ich sehe!

Die Zeitung wird nicht sterben, aber sie wird in Zukunft nur noch ein Ergänzungsprodukt zum Internet sein. Die großen Verlage investieren deshalb hektisch in die Entwicklung von Kombinationsmodellen Print/Web.

Die berechtigte Frage: Warum sich also noch Anzeigen ausdenken? Sind meine vergangenen vier Beiträge nur für Sentimentalisten? Die Übungen für den Arsch?

Solange es Zeitungen und Zeitschriften gibt, wird es immer Anzeigen geben. Es werden auf jeden Fall Printmodelle überleben. Aber auf lange Frist nur die, die relevante Inhalte für bestimmte Zielgruppen bieten.

Objekte wie Brand eins, 11 Freunde oder Neon haben Erfolg, weil sie einer gewissen Zielgruppe eine überdurchschnittliche Qualität bieten.

Und auch das ist ein Aspekt: Wer möchte schon am Strand sein Labtop dabei haben?

Die Dramaturgie, mit ungewöhnlichen Bildern und Headlines eine Botschaft zuzuspitzen, findet in etwas anderer Form auch im Internet statt. Anzeigen sind deshalb eine gute Denkschule für Textpraktikanten und Anwärter, um das Prinzip Werbung zu verstehen.

Doch ganz gleich ob Anzeige, Plakat, TV- oder Radio-Spot, durch die digitalen Medien ist eine ganz neue Dynamik in das System „Kommunikation“ gekommen.

Nicht Anzeigen sind ein Auslaufmodell, sondern die Werbung, so wie sie bisher funktioniert hat, ist ein Auslaufmodell.

Haben Unternehmen früher einseitig ihre Botschaften verkündet und haben Verbraucher artig diese Botschaft entgegen genommen, so ist der Konsument heute in der Lage, die Botschaften zu selektieren, sich komplett zu entziehen oder sie zurück zu schicken – versehen mit eigenen Kommentaren.

Blogs entwickeln Druck auf Marken, YouTube wird zur neuen Bewegtbildplatform, bei der Verbraucher selbst die Inhalte kreieren.

In der Konsequenz geht es bei Werbung nicht mehr um Botschaften für Verbraucher, sondern um Beziehungen zum Verbraucher.

Marken müssen Beziehungen aufbauen und in einen offenen Dialog treten.

Was für ein Wandel! Was für eine spannende Epoche. Es gibt eigentlich keine bessere Gelegenheit, um in der Branche Kommunikation anzufangen. Selten war es aufregender.

Schnitt.

Ich war Donnerstag und Freitag in Berlin. Dort fand die Jahreshauptversammlung des GWA statt und parallel die President's Lecture der Berlin School of Creative Leadership, zusammen mit dem ADC, dem Art Directors Club Deutschland.

Im Rahmen der GWA Veranstaltung hat Susann Remke, Korrespondetin für das Magazin Focus in New York, den Einfluss digitaler Medien im amerikanischen Wahlkampf aufgezeigt.

Barack Obama hat einen großen Teil der Spenden über seine Website gesammelt. Nicht große Summen von wenigen, sondern kleine Summen von Millionen.

Jeder, der ihn unterstützen will, kann das schon mit kleinen Beträgen tun und wird dadurch zu seinem Wahlhelfer erklärt.

So kam (und kommt) ein gigantisches Wahlkampfbudget zusammen.

Und vor allem: es kam eine digitale Bewegung in Gang, die in YouTube sein Forum fand. Obama hat seinen Wahlgegener McCain damit heftig unter Druck gesetzt.

Verbraucher (in diesem Fall die Wähler) haben eigene Spots konzipiert und realisiert, um Meinungen zu beeinflussen. Ich habe unten einen beispielhaften Spot angefügt.

Die griffige Parole für diese neue Wählerbewegung: People powered politics.

Kommen wir zum zweiten Vortrag.

Jeff Steinhour, Managing Partner bei Crispin Porter + Bogusky, einer Agentur, um die so ein Hype gemacht wird, dass mittlerweile sogar Termine für Führungen vergeben werden müssen, referierte über das neue Verständnis von Werbung.

Er vertritt die (ehrlich gesagt nicht ganz neue) These, dass Agenturen ihren Kreativprozess früher ansetzen müssen.

Nicht erst in der Werbung, sondern schon in der Distribution, beim Packaging – und wenn möglich sogarbeim Produkt selbst.

Leichter gesagt als getan. Denn da sind Kunden sehr empfindlich.

Eine Agentur entwickelt ein Produkt? Oder schlägt Produktverbesserungen vor, obwohl es eigentlich "nur" um Kommunikation gehen sollte?

Das ist keine Nuß. Das ist ein Felsbrocken.

Aber es ist auch die Zukunft.

Ganz egal ob Produkt, Verpackung oder Vertrieb – die neue Währung der Welt heisst Ideen (oder von mir aus Innovationen, klingt gewichtiger).

Jeff Steinhour hatte denn auch einige beeindruckende Beispiele dabei.

Unter anderem die Aktion „Whopper Freakout“.

Die Agentur hat dem Kunden vorgeschlagen, für einen Tag keine (!) Whopper zu verkaufen. In ausgewählten Burger King Locations in ganz Amerika.

Die Reaktionen auf diesen "Black-Fast-Food-Day" wurden gefilmt. Und daraus natürlich eine Kampagne gemacht, die im Internet (in Foren) und im TV mit Spots dann ausgewalzt wurde.

Ihr seht unten einen TV Spot dazu.

So. Was sagt dir das alles?

Es sagt, dass eine große Idee keine Anzeige ist. Eine richtig große Idee fängt beim Produkt an.

Und das macht dir die Arbeit für deine Mappe eigentlich leichter. Denn wenn du eine Produkt-, Verpackungs- oder Distributionsidee wie den Whopper Freakout hast, schreibt sich die Anzeige und der TV-Spot ganz von allein.

Und jetzt zurück an deine Mappe. Es ist Wochenende. Eine ideale Zeit, sich eine gigantische Aktion auszudenken, die den Whopper Freakout in den Schatten stellt.

Wie wäre mit einer fetten Idee für McDonalds?

Tipp 20: Eine große Idee fängt nicht bei der Anzeige an, sondern beim Produkt.




Global warming. Dieser Spot, wohl von einem republikanischen"Wähler" gemacht, greift in den Wahlkampf ein. Er wurde erst auf YouTube gestellt und schaffte es dann aufgrund seiner Klickrate auf dem Fernsehsender CNN.

Seit CNN die besten, aktuellsten und provokantesten "politischen" Spots von YouTube im Fernsehen zeigt, sind die Quoten des Senders nach jahrelangen Rückgängen wieder rapide gestiegen.



Whopper Freakout. Burger King stoppte den Verkauf seiner Whopper für einen Tag. Die Leute flippten aus. Und das wurde einfach gefilmt. Gibt es einen besseren Spot?

Freitag, 26. September 2008

Eine Headline über alles.

Das letzte der klassischen kreativen Formate für Anzeigen und Plakate, dass uns diese Woche noch fehlt, sind Kampagnen mit einer konstanten Headline und wechselnden Bildern.

Eine der bekanntesten deutschen Kampagnen dürfte diesbezüglich die BILD-Kampagne von Jung von Matt sein. Mit der Headline:

Wer etwas Wichtiges zu sagen hat, macht keine langen Sätze.

Natürlich kann dieses Format auch mit einer Marketingzeile bestücken, aber ich rede hier von richtigen Headlines. Von einem guten Gedanken, der die Botschaft zusammen mit verschiedenen Bildern unter das Volk bringt.

Diese gestalterische Dramaturgie ist international eine der meistbenutzten bei Anzeigen und Plakaten, wenn es um Arbeiten geht, die extra für Wettbewerbe gemacht werden.

Logisch, hier hat man als Kreativer den größten Spielraum.

Man kann sich starke Bilder ausdenken – die ja meistens neugierig machen. Und wenn man eine gute Zeile hinbekommt (ich nenne das immer die Erdung zum Produktvorteil/Markenversprechen), hat man eine einzigartige Kampagne im Portfolio.

Mit diesem Mechanismus tut man sich meistens auch am leichtesten, einen Kunden für seine Idee zu finden.

Aber das ist ein anderes Thema (keine Angst, scam-ads kommen hier auch noch dran, irgendwann).

Tipp 19: Wenn du eine gute Headline gefunden hast, prüfe, ob sie nicht als Kampagnenzeile taugt.




Cannes-Winner (frei übersetzt):
Sorge dafür, dass ihr Spielzeug nicht nachlässt.

Anzeigen-Serie von DDB Johannesburg für Energizer.
(Sieht auch nicht gerade so aus, als wenn der Kunde sie gebrieft hätte).

Mittwoch, 24. September 2008

Auch Marketing-Headlines können Gold wert sein.

Die brasilianische Methode (kein Text, nur Bild) hat einen kleinen Bruder.

Das sind Kampagnen, die ebenfalls sehr prominent mit Bildern arbeiten, aber nicht nur ein Logo, sondern sogar eine Headline besitzen.

Ich nenne sie mal die "eurasilianische" Variante (in Anlehnung an meinen gestrigen Beitrag), denn sie kommt sehr häufig in unseren Breiten vor.

Für die Headlines braucht man eigentlich keinen Texter. Es sind meistens Schlüsselsätze, die das Marketing der Agentur mit auf den Weg gegeben hat.

Sätze wie:

Unser Bier ist frischer.

Viel Platz auf wenig Raum. Der neue XY.

Unser Waschmittel wäscht weißer.

Keiner schmeckt leckerer.

Nur einer saugt so stark.


So pur gelesen klingen die Zeilen natürlich wie platte Reklamesprüche.

Aber: Wenn man ihnen einen ungewöhnlichen Kontext verschafft, mit eben jenen schon angesprochenen ungewöhnlichen Bildern, dann erscheint das Gesamtszenario plötzlich nicht mehr peinlich.

Ja, man kann fast sagen, das starke Bild (die Spannung oder der Humor, der in ihm steckt), versöhnen den Betrachter für die platte Botschaft.

Wir haben mit diesem Prinzip gerade eine Kampagne für Mag-Lite entwickelt. Genauer gesagt für die Mini-Taschenlampe Solitaire.

Auch diese Kampagne folgt dem dramaturgischen Prinzip, sich den Geist im Text zu sparen und alle Inspiration ins Bild zu stecken.

Vielleicht sieht man diese Art von Werbung deshalb so häufig, weil es so wenig gute Texter gibt.

Und ganz sicher, weil wir die genervte Informationsgesellschaft sind, die immer mehr Nachrichten und Botschaften ertragen muss – und nicht mehr so viel lesen will.

Da wäre es nur konsequent, wenn die Europäer so werben würden wie die Brasilianer, also ohne Worte.

Aber vermutlich sind die deutschen Marketingspezialisten nicht ganz so cool wie ihre Pendants an der Copacabana (die gehen wohl lieber an den Strand als über Texte nachzusinnen, wer kann es ihnen verdenken).

"Irgendetwas muss man noch zu dem Produkt sagen. Sonst könnte das der Verbraucher mißverstehen!".

Hiesige Kunden erklären den Verbraucher vor der Werbung gerne mal für „dumm“. Heißt im Umkehrschluss, dass die brasilianischen Analphabeten eigentlich mehr verstehen als die deutschen Verbraucher, die lesen können.

Äh, ok, verlassen wir den philosophischen Bereich schnell wieder.

Kehren wir zurück zum Prinzip „Bild/Marketing-Headline“.

Wir wollen diese Woche ja üben und so muss eine Produktzeile für den Skoda Fabia her.

Nehmen wir einfach die Zeile: serienmäßig mit Kurvenlicht.

Denkt man weiter, fällt einem ein, dass man mit dem Kurvenlicht z.B. Gefahren in Kurven früher erkennen kann. Oder weiter/früher in die Kurve hinein sieht.

Bilder dazu könnten sein:

Ein Kanalarbeiter, der aus einem Strassengulli hervorguckt und uns – geblendet durch einen Lichtkegel – verwundert ansieht.

Oder: Das Verkehrsschild "scharfe Kurve", nur ist in der Grafik der schwarzen Kurve ab der Mitte ein Lichtkegel zu sehen – und der Rest der Kurve ist hell.

Oder: Wir sehen in das Gesicht eines Mannes, der mit einem Auge extrem nach rechts außen schielt.

Das nur mal drei Bildideen, die mir jetzt während dem Schreiben auf die Schnelle einfallen. Auch hier gibt es sicher noch viel viel bessere.

Was man sich verkneifen sollte, sind Bildideen von der Qualität wie:

Zwei angestrahlte Brüste (Kurvenlicht, ha ha) oder eine Glühbirne, die ihre Birne über der Fassung nach rechts oder links neigt.

Tipp 18: Wenn das Marketing die Headline bestimmt, such dir eine Bild, das diese Headline noch nie gesehen hat.



Der kleine Bruder der brasilianischen Methode.
Ungewöhnliches Bild und eine Headline, die das Marketing getextet hat:

Solitaire. Die kleinste MagLite der Welt.

Doch zusammen sind sie stark (Bild und Headline meine ich).



Dienstag, 23. September 2008

Die brasilianische Methode.

Vor ungefähr zehn Jahren hat eine der unüblichen Nationen das alljährliche Werbefestival in Cannes erobert.

Plötzlich waren sie auf der Bühne und hielten lauter Löwen in den Händen, die Brasilianer.

Ohne Worte.

Mit Plakaten und Anzeigen, die nur Bilder enthielten. Und natürlich ein Logo (wenn es für Texter gut lief, war noch ein Claim dabei).

Nicht, dass Texter in dem Job nur schreiben. Im Gegenteil, sie dürfen auch Bildideen haben.

Ja, sollen sogar.

Die wortlose brasilianische Dramaturgie von Anzeigen hat alle verblüfft. Sagen die Motive doch trotzdem viel aus.

Das Scam-Ad-Zeitalter (zur Erinnerung, Scam-Ads sind Anzeigen, die nur für Wettbewerbe produziert werden, um Medaillen zu gewinnen und in die Presse zu kommen) hatte eine neue Facette erhalten.

Die Begründung dafür ist so einfach wie ungeheuerlich:

In Brasilien gibt es so viele Analphabeten, dass Werbung mit zu viel Text von der Hälfte der Verbraucher nicht verstanden wird.

Ob das jetzt stimmt, oder ob brasilianischen Texter einfach nur arbeitsscheuer als andere sind, sei mal dahin gestellt, aber Werbung kann durchaus ohne Text auskommen.

Da Menschen, die nicht lesen können, wohl auch keine Zeitschriften und Zeitungen kaufen (ausgenommen den Playboy), üben wir heute, eine brasilianische Idee für ein Plakat auszudenken.

An Plakaten müssen schließlich auch Analphabeten vorbei. Selbst in Deutschland.

Bleiben wir beim Produktbeispiel von gestern. Wie kann ein Plakat den Skoda Fabia aussehen, das ohne Text auskommt?

Versetzen wir uns in die Lage eines Verbrauchers, der schlecht lesen kann (haben die überhaupt Geld für ein Auto?) und überlegen uns, wie wir mit nur einem einzigen Bild kommunizieren können, dass Skoda eine attraktive Qualität zu einem günstigeren Preis bietet?

Wenn man – wieder mal – ganz simpel rangeht, kann man sagen, dass der Preis so anziehend ist, dass sich ziemlich viele Menschen für den Fabia interessieren. Und nicht für die Wagen der Konkurrenz.

Idee: Wir zeigen links einen Skoda Fabia. Und rechts einen Renault Clio. Nur leider kann man den Skoda Fabia nicht erkennen, weil er von lauter Menschen umringt ist.

Darunter steht nur: der Preis 10.280 Euro.

Das ist wenigstens ein ehrlicher Text (ich hoffe inständig, das sie wenigstens Zahlen lesen können, die Analphabeten). Siehe Tipp 16.

Oder: Wir sehen kein Auto. Aber dafür ein Gesicht mit einer ganz plattgedrückten Nase an einer Fensterscheibe (soll natürlich lustig aussehen). Das Gesicht guckt ins Innere des Wagens. Darunter steht das gleiche wie oben. Der Preis.

Oder: Ein Haufen Japaner steht staunend um einen Skoda Fabia herum. Sie messen alles ab und fotografieren den Wagen (so, wie man es von Automessen kennt). Einer steht daneben und schreibt alles auf. Auch darunter steht nur der Preis.

So kann man sich nun viele weitere – und sicher auch noch viel bessere – Motive überlegen.

Und das sind jetzt ganz sicher keine Plakate, die einen Wettbewerb gewinnen.

Aber erstens würde ich diese Plakate auch nicht verraten, sondern erst einmal selbst einschicken. Und zweitens will ich hier nicht den Scam-Ad-Profis ins Handwerk pfuschen.

Schließlich: Wer beherrscht die brasilianische Methode besser als die Brasilianer selbst.

Deshalb findet ihr unten ein Plakat aus Brasilien aus dem neuesten Lürzer's Archiv.

Ob du jetzt brasilianisch denkst oder einfach nur eine gute Idee suchst, mein Tipp ist deutsch:

Tipp 17: Bevor du eine schlechte Headline schreibst, denk dir lieber ein gutes Bild aus, dass ohne Text kommuniziert.




Botschaft ohne Worte.

(Wenn man mal großzügig vom Preis und dem Namen des Produktes absieht).

Die Männer auf dem Bild sollen Japaner sein (ich hab sie gleich erkannt, Hermann).




Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. In diesem Fall für Gatorade Kids.

Ein kreatives Prinzip, dass die Brasilianer weltweit wohl am besten beherrschen.


Warum? Das hat mit Analphabeten zu tun. Aber dafür müsst ihr schon oben lesen.

Montag, 22. September 2008

Gute Ideen kann man sich erarbeiten.

Ich stelle mir vor, da sitzt irgendwo ein Mensch, der meint, gut schreiben zu können.

Er will in die Werbung. Wie er aus meinem Blog erfahren hat, braucht er dazu eine gute Mappe.

Und wie er meinen Ausführungen weiter entnommen hat, machen nur gute Ideen eine gute Mappe aus. Nicht die Gestaltung des Mappenumschlages. Und nicht eine witzige Verpackung der Portfolio-DVD.

Sondern die Arbeitsbeispiele, die da drin sind.

Ich will deshalb diese Woche versuchen, ein paar Denkhilfen zu geben, wie man – ohne bisher in der Werbung gearbeitet zu haben – auf gute Ideen kommt.

Fangen wir an.

Die wichtigste Regel ist, immer die Wahrheit zu schreiben.

Wer meint, Werbung darf lügen, der irrt. Werbung übertreibt sicher das ein oder andere Mal, aber sie sollte nie die Unwahrheit kommunizieren.

Stell dir vor, du gehst extra wegen einer Anzeige in den Supermarkt, um das Produkt zu kaufen. Und stellst fest, dass das Produkt nicht dem entspricht, was in der Anzeige versprochen wurde. Dann bist du verärgert. Die Marke ist erst mal tot für dich.

Wer kreatives Denken für die Werbung lernen möchte, fängt am besten mit Anzeigen an.

Suche dir dafür ein Produkt aus, das einen erkennbaren Unterschied zu anderen Produkten hat.

Es gibt viele Produkte (Schokoriegel, Waschpulver, Zahnpasta, Spaghetti), bei denen es schwer ist, einen Unterschied heraus zu arbeiten.

Mach es dir am Anfang also lieber leicht und nimm dir ein Produkt vor, das etwas Besonderes zu bieten hat. Das zu bewerben ist schon schwer genug.

Besorge dir so viel Informationen wie möglich (Broschüren, Internet). Auch über den Wettbewerb des Produktes.

Suche etwas, das man in einen Vorteil verwandeln kann: Preis, Größe, Qualität, Sicherheit, Aussehen, Langlebigkeit, etc.

Und schreibe darüber.

Beispiel: Nehmen wir mal einen Skoda Fabia.

Was unterscheidet einen Skoda Fabia von anderen Autos im sogenannten A-Segment (z.B. Renault Clio, Ford Fiesta, Opel Corsa, Fiat Punto, Toyota Yaris, Hyundai Getz, VW Polo)?

Es ist die Tatsache, dass man bei Skoda die Qualität von VW bekommt, aber zu einem günstigeren Preis.

Problem: Dass der Skoda Fabia günstiger als der VW Polo ist, darf man natürlich nicht sagen, denn Skoda gehört zu VW und man macht seine eigenen Produkte nicht schlecht.

Nehmen wir den VW Polo also raus und beschäftigen wir uns mit den anderen Konkurrenten.

Auch hier ist der Fabia in der Grundausstattung günstiger und bietet eine erkennbar bessere Qualität als die Konkurrenz. Was zahlreiche Tests von Automobilzeitschriften unterstreichen.

Kurz: der Skoda Fabia ist also besser und günstiger als die vergleichbaren Japaner, Franzosen und Italiener.

Aber: Skoda hat mit seinem „Ost-Image“ zu kämpfen.

Vielen Leuten gefallen die Autos, aber sie haben mit dem Image ein Problem. Das ist eine Schwäche.

In der Werbung kann man aus Schwächen oft eine Stärke machen.

Nehmen wir diese Image-Schwäche und beginnen wir mit einem ganz einfachen dramaturgischen Format.

Dem einfachsten überhaupt.

Wir zeigen das Produkt. Also den Fabia.

Und schreiben einen Satz oben drüber. Eine Headline.

Zum Beispiel:

Wollen Sie für Image bezahlen oder lieber für Qualität?

Das Image sieht man bei einer Probefahrt nicht. Aber die Qualität.

Die Redakteure von auto motor und sport testen kein Image. Sondern Qualität.

Wollen Sie ein Auto fahren, dass erster in der Image-Rangliste ist.
Oder in der Test-Rangliste?


Was du dagegen nicht schreiben solltest, sind Wortspiel-Überschriften wie:

Unsere Qualität ist fabiahaft.

Das Auto mit dem Testsiegerlächeln.

Unser Image ist flop, unsere Qualität ist top.


Natürlich ist dieses Anzeigen-Format (Produkt/Headline) das klassischste Werbeformat überhaupt. Aber auch das ehrlichste.

Ich finde, für den Anfang ist es das beste Format, um den Job zu verstehen.

Mir macht es immer wieder Freude, eine gute Headline zu schreiben.

Wer gute Headlines schreiben kann, kann meistens auch gute Kampagnen-Gedanken entwickeln.

Tipp 16: Erzähle in der Werbung keine Lügen, sondern bleibe bei der Wahrheit.




So sieht in der Werbung ein Scribble aus. Das fertigen in der Regel Art Directoren an.

Leider verfügen immer weniger über dieses Talent. Apple sei dank.

Wer nicht so einen flinken Partner wie ich hat (Hermann hat 5 Minuten gebraucht, ich war dabei), der muss sich eben anders behelfen, um seine Idee zu visualisieren.

Schlechter zeichnen ist durchaus eine Lösung – solange man die Idee noch versteht.




Das ist ein Motiv einer Kampagne, die als absoluter Klassiker gilt: die amerikanische VW Beetle Kampagne von DDB und dem legendären Bill Bernbach.

Er hat aus der Schwäche (kleines Auto, merkwürdiges Design) eine Stärke gemacht:


Think small. Wir haben alles in die Technik gesteckt, deshalb sieht der Wagen so hässlich aus.


Weitere Motive zu der Kampagne gibt es
hier.

Samstag, 20. September 2008

Wer wird Text-Praktikant? Und wie?

Nehmen wir an, du spielst in einer Rockband, schreibst gerne Songtexte, stellst aber fest, dass du von einem Plattenvertrag ziemlich weit weg bist.

Oder du hast nach dem Abitur ein Studium begonnen, weil Papa und Mama das so wollen (häufig sind Soziologie, BWL, Germanistik, Jura, Philosophie), aber nach ein paar Semestern merkst du, dass das nicht dein Ding ist.

Oder du stehst nach einer Banklehre hinter einem Counter, füllst die Überweisungen für Kunden aus, schreibst nebenher aber für ein Stadtmagazin und findest, dass Buchstaben mehr Spaß machen als Zahlen.

Oder du machst gerade eine Ausbildung zum Designer an einer privaten Kunstschule, spürst aber während den Hausarbeiten, dass dir das Konzeptionelle mehr liegt als das Visuelle.

Oder du machst ein Volontariat bei einem lokalen Käseblatt und hast keine Lust mehr, über den neuen Aufzug des örtlichen Altenheimes zu berichten.

Zu jedem dieser Beispiele kenne ich einen real existierenden Lebenslauf von Werbetextern. Das letzte Beispiel bin ich selbst.

Und es gibt noch hundert andere Beispiele.

Text-Praktikanten sind in der Regel zwischen 22 und 32 Jahren.

Die eher 22jährigen sind meistens sehr blauäugig und noch etwas weltfremd, was bei Ideen helfen – aber auch im Weg stehen – kann.

Die eher 32jährigen haben schon einige Lebenserfahrungen und Enttäuschungen hinter sich, was im Weg stehen – aber bei Ideen oft eher helfen – kann.

Texter wird man dann, wenn man Spaß am Wort und an Kommunikation hat. Und es verdammt noch mal einfach werden will.

In diesem Fall hat man zwei Möglichkeiten.

Erstens, man kontaktiert diverse Ausbildungsinstitutionen. Im Rahmen dieser Ausbildungen ergeben sich häufig auch Praktikas.

Zweitens, man wählt den direkten Weg. Man erstellt eine Mappe (siehe meine Beiträge dieser Woche) und bewirbt sich bei Werbeagenturen.

Eine praktische Übersicht guter Agenturen findest du hier.

Dann heißt es: bewerben.

Am besten ist, du schreibst kurz und knackig, warum du in die Werbung willst (bitte nicht den üblichen Käse, den viele schreiben, nämlich dass ihnen Werbung viel Spaß macht, sie glauben, dass sie Talent dazu haben und die Agentur ganz toll finden).

Schreib einfach die Wahrheit. Und zeige, dass du mit Worten umzugehen verstehst.

Dazu packst du einen Lebenslauf. Und drei bis fünf deiner besten Ideen. Hebe dir noch ein paar Ideen auf, damit das persönliche Gespräch nicht so langweilig für den Interviewer wird.

Heute werden Bewerbungen gerne digital versand. Also per e-mail und eine Power Point als (interaktives) pdf.

Ich persönlich finde es angenehmer, wenn man die Bewerbung in schriftlicher Form auf den Tisch bekommt und ich mir die Arbeiten richtig angucken kann.

Aber mit dieser Meinung bin ich ziemlich alleine, denn die Personalverantwortlichen lieben die digitale Post, weil sie diese besser archivieren können.

Es liegt also an dir.

Wer persönlich schreibt, der bleibt. e-mails schmeisse ich gerne schnell weg. Außerdem fällt man mit einem analogen Brief fast schon wieder aus der Reihe.

Die Namen der Personalverantwortlichen in den Agenturen bekommst du ganz leicht über solche Business-Swinger-Clubs wie Xing heraus.

Wenn du das Power-Point-Format für die Präsentation deiner Arbeiten und deines Lebenslaufes wählst, dann übergestalte es nicht. Und baue auch nicht zu viele technische Gimmicks ein.

Keep it simple.

Die Ideen sollen wirken. Möglichst eine Idee pro Seite. Da du ja sowieso noch nicht so eine große Auswahl haben wirst, mach es schön plakativ.

Es gibt unter Himmel oder Hölle eine Website für Bewerber. Hier bekommst du einige nützliche Tipps von Kreativen.

Schick deine Bewerbung nicht an alle Agenturen auf einmal, sondern erst mal an die Adressen, die dich brennend interessieren. Und warte das Feedback ab. Daraus kann man lernen und seine Unterlagen verfeinern.

Sollte sich eine Agenturen nach 2 Wochen gar nicht gemeldet haben, ist das normal. Nach 3 Wochen ist das unhöflich. Nach 4 Wochen kannst du den Job vergessen (vermutlich auch die Agentur selbst).

Viel Glück beim Mappen bauen.

Wir suchen übrigens auch Text-Praktikanten.

Tipp 15: Nicht die Bewerbung muss kreativ sein, sondern deine Arbeitsbeispiele.





Bewerbungsschreiben Version 1: Schreib keinen Schleim.




Bewerbungsschreiben Version 2: Schreib die Wahrheit.

Donnerstag, 18. September 2008

Die Riesenchance Text-Praktikum wird verkannt.

Es wird nichts von dir erwartet, aber du kannst alles erreichen.

Du fängst als Nobody mit 0 bis 400 Euro an und wirst als Junior Texter mit 1.800 bis 2.300 Euro im Monat übernommen.

Du hast noch nie vom ADC gehört und stehst plötzlich in seinem nächsten Jahrbuch.

Du beginnst allein an einem Schreibtisch in der Ecke und bekommst ein eigenes Zimmer mit einen Art Partner.

Du kennst kaum die Namen aller guten Agenturen und plötzlich rufen die Personaltanten dieser Agenturen bei Dir an.

Nach nur 6 Monaten. Auch ohne Abitur. Auch ohne Ausbildung.

Vom Tellerwäscher zum Löwenbesitzer. In welcher anderen Branche gibt es das?

Zugegeben, wenn das alles in so kurzer Zeit passiert, musst du schon ein großes Talent haben und ebenso glückliche Umstände vorfinden.

Aber wenn du mit Worten intelligent umzugehen verstehst und ungewöhnliche Ideen zu entwickeln weisst, wenn du Ehrgeiz hast und nicht gleich um 18h den Stift fallen lässt, dann ist der Job des Werbetexters weit wahrscheinlicher als dass der FC St. Pauli in den nächsten 10 Jahren in die 1. Bundesliga aufsteigt.

Es herrscht ein Mangel an guten Textern in den Agenturen. Nutze diese Situation für dich aus.

Die meisten Agentuen bieten Text-Praktikas an, weil sie auf der verzweifelten Suche nach Talenten hoffen, über diesen Weg immer mal wieder einen ungeschliffenen Diamanten zu entdecken.

Ganz klar, Praktikanten sind auch günstige Arbeitskräfte für die Agenturen. Aber ich denke, über 6 Monate ist das ein fairer Deal: Du kannst dich auf realen Briefings beweisen. Und die Agentur hat jemanden, der auch die ungeliebten Jobs mal wegtextet.

Jedes Briefing ist deine Chance zu zeigen, dass du ungewöhnliche Ideen hast.

Selbst wenn sie nie in die engere Wahl kommen sollten, ein guter Creative Director spürt, was in dir steckt. Er wird dich fördern und gegebenenfalls übernehmen.

Viele Praktikanten nutzen ihr Praktikum nicht, um sich mit den Agentur-Kollegen – auch den unangenehmen, fordernden, nörgelndenen – auseinander zu setzen.

Zu viele hängen sich nicht richtig rein, sie wollen „erst mal sehen“.

Was sehen? Schreiben! Denken! Üben! So viel du kannst.

Lass es laufen

Ein Fußballtalent wird kein Star ohne Laufarbeit. So ist das auch beim Texten.

Gute Ideen zu finden erfordert Willen, Disziplin und Stehvermögen. Und es erfordert die permanente Auseinandersetzung mit der kreativen Meßlatte.

Stell dir die Frage: warum sind die richtig guten Ideen richtig gute Ideen?

Selbst wenn du während eines Praktikums häufig damit beschäftigt bist, viele lästige Pflichtjobs zu bewältigen, so hast du doch die Chance, die Aufgaben und Spielregeln dieser Arbeit intensiv kennen zu lernen und dir eine Meinung zu bilden, wo es mit dir hin gehen soll.

Konzepttexter und Medaillen oder Katalogtexter und Geld.

6 Monate sind keine Ewigkeit.

Nutze diese Zeit, um deine Mappe zu verbessern. Lass dir deine besten Ideen von den Grafikern und Art Directoren visualisieren. Scribbels, Layouts, Illustrationen. Natürlich nicht jeden Tag und jede Stunde, sondern im richtigen Augenblick.

Orientiere dich an herausragender Werbung (z.B. in den von mir genannten Quellen – Beitrag vom 16.9.2008) und versuche, dich davon inspirieren zu lassen.

Inspirieren heißt aber nicht kopieren. Wer nur kopiertes Zeug in der Mappe hat, fliegt bald wieder. Im Job entlarvt man Leute schnell, die nur Alibi-Kreative sind.

Tipp 14: Absolviere kein Text-Praktikum, sondern häng dich voll rein.




Das ist eine der aktuell erfolgreichsten kreativen Arbeiten aus Deutschland.

Ein Spot für Windenergie von der Agentur
Nordpol. Er hat bei allen nationalen und internationalen Wettbewerben abgeräumt.

Es scheint zwar, dass es sich um eine scam-ad handelt (erst entwickelt die Agentur eine Idee, dann sucht sie einen Kunden – zum Zweck der Selbstvermarktung).


Das tut der Qualität der Idee aber keinen Abbruch. Und ist für dich eine gute Meßlatte.

Mittwoch, 17. September 2008

Der Wurm im Apple.

Ich bin mit Apple aufgewachsen. Und ich habe noch nie mit einem anderen Computer gearbeitet. Ich kenne auch keine Werbeagentur, die mit anderen Computern arbeitet. Obwohl, Moment, eine Person in unserer Agentur hat keinen Apple.

Es ist unsere Chefbuchhalterin.

Kreative sind Apple hörig. Paradoxerweise liegt der Marktanteil von Apple Computern weltweit um 3%. Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass es einfach nicht so viele Kreative auf der Erde gibt.

Was mich jetzt selbst gerade etwas erschreckt.

Wie auch immer, der Erfolg der Marke bei Designern, Art Directoren, Fotografen, Illustratoren, Journalisten, Textern und sonstigen kreativen Geistern hat wohl damit zu tun, dass die sie das verkörpert, was auch gute Werbung ausmacht:

Verblüffend einfach, sieht gut aus, macht Spaß und hat immer wieder Überraschungen parat.

Apple ist aus dem Alltag von Agenturen nicht mehr weg zu denken.

Wer in die Werbung will und Microsoft-Fan ist: du hast ein Problem.

MacBook und Konsorten sind unverzichtbar, um Ideen zu visualisieren, zu animieren oder zu realisieren. Um Recherchen zu betreiben und sich passende Bilder zu suchen. Oder um sich von Bildern inspirieren zu lassen.

Eines liefert dir die Apple-Kiste allerdings nicht: die Ideen selbst.

Der Wurm ist, dass zu viele Kreative zu viel Zeit daran vertrödeln. Mir selbst passiert das auch. Die ganze Welt lässt sich durch den Computer heute so leicht erschließen und man wird immer bequemer und versucht, mit seinem Apple alles Wissen herbeizuzaubern.

Doch ein Computer ersetzt nicht das Gespräch mit einem Verbraucher, den Besuch im Supermarkt, in einer Ausstellung, im Kino oder bei sonstigen Inspirationsquellen. Und da liegen nun mal die besten Ideen versteckt.

Ich zwinge mich deshalb immer wieder, das Laptop zu zu klappen und meine ersten Gedanken und groben Ideen mit der Hand nieder zu schreiben. Und im Austausch mit einem Teampartner so langsam die Ideenleiter empor zu klettern.

Wenn da zwei aufgeklappte Laptops wie die Eiger Nordwand dazwischen stehen, klettert es sich so mühsam.

Apropos Eiger Nordwand.

Mein Schweizer Freund Pius Walker setzt sich vor größeren Projekten gerne in den Zug. Er fährt dann von Zürich nach Genf. Oder Bern. Und zurück. Er sucht sich eine imposante Strecke aus. Er sagt, in den 4 bis 5 Stunden kann er ruhig und konzentriert arbeiten und wird inspiriert.

Ich kann mir das gut vorstellen, denn da fahren viele Eindrücke automatisch an dir vorbei, die auf ungewöhnliche Gedanken bringen können. Landschaften Menschen, Gespräche, Gerüche, etc.

Man wird außerdem nicht dauernd durch e-mails oder anderen Digitalterror abgelenkt.

Ganz nebenbei: Mit diesem Inspirationskonzept hat er in jüngster Zeit einige Cannes Lions gewonnen.

Egal wo und wie, wer ungewöhnliche Ideen will, muss sich mit seinem Kopf raus begeben. In ein ungewöhnliches Umfeld.

Be out of it.


Tipp 13: Wenn du in die Werbung willst, wünsch dir zum Geburtstag ein MacBook. Aber überlass ihm nicht das Denken. (Nein, ich bekomme leider keine Provision).




Apple ist die Marke der Kreativen. Diese Spot-Serie unterstreicht, warum. Lustige Dialoge, simple Umsetzung, aber knallharter Wettbewerb.

Dienstag, 16. September 2008

Das kreative Wertpapier: deine Mappe.

Ideen sind die Währung unserer Zeit. Die momentan wohl wertvollste Idee dürfte sein, eine neue Antriebsform für Automobile zu finden. Wenn du eine Idee hast, wie Autos mit Meereswasser oder mit Solarenergie fahren: Bingo.

Wir reden zwar nicht über die Automobilbranche, aber dieses Beispiel zeigt, was für eine Bedeutung Ideen bekommen haben. Und was sie für eine Kraft entfalten können.

In diesem Blog geht es um Werbe- und Markenideen – und über die Möglichkeiten für dich, in dieser Branche eine Zukunft zu sehen und glücklich zu werden.

Um zu verstehen, wie schwer es ist, eine gute und nie da gewesene Werbeidee zu finden, muss man sich einfach noch mal vor Augen halten, dass jeden Tag Tausende von Kreativen weltweit über ähnliche Briefings nachdenken wie Du und somit die Wahrscheinlichkeit zigfach erhöhen, dass es deine geniale Idee oder deinen einzigartigen Kampagnengedanken schon mal gegeben hat.

Davon solltest du dich aber nicht allzu sehr abschrecken lassen, denn es kommt häufiger vor, dass es ähnliche Ideen gibt, die unterschiedlich exekutiert wurden. Man kann viele Grundideen aus den 80er und 90er Jahren in heutigen Kampagnen wiederfinden. Eben zeitgemäß interpretiert.

Ob die Ideen mit Absicht kopiert wurden oder ob es Zufall ist, spielt keine Rolle. Wichtig ist am Ende, dass deine Idee in der Branche (z.B. Auto, Kosmetik, Finanzdienstleistungen), in der sie auftritt, einzigartig ist. Dass sie ungewöhnlich und neu wirkt. Dass sie funktioniert. Und bei Award-Wettbewerben nicht als Plagiat gebrandmarkt wird.

Es ist nahezu unmöglich geworden, alle Arten von Ideen, die schon mal erschienen sind, zu kennen.

Wer nun als junger Kreativer – und gleichermaßen unbeschriebenes Blatt – in die Werbung will, muss den entscheidenden Leuten in der Agentur (z.B. Creative Director) zeigen, dass er gute Ideen entwickeln kann.

Das machst du anhand von Arbeitsbeispielen. Diese Beispiele sammelst du in einer Mappe.

Die Mappe war früher eine schwarze Präsentationsmappe (A2 oder A3). Man hat seine Anzeigenbeispiele, TV-Manuskripte, Storyboards usw. auf schwarzes Fotopapier aufgezogen und in großzügigen Klarsichthüllen präsentiert.

So konnten die eigenen Arbeiten dann in einem Bewerbungsgespräch übersichtlich und mit einem gewissen formalen Pathos gezeigt werden. Produzierte Spots (Filme oder Radiospots) wurden dann auf Kassette mitgebracht und im TV-Gerät oder Radiorecorder abgespielt.

Heute ist das Bewerberleben um einiges leichter.

Die Mappen sind zwar immer noch zum Aufklappen. Aber entweder wird ein Laptop aufgeklappt. Oder die Bewerber bringen eine DVD mit. Die E-Mappe klickt der Bewerber dann mit dem Interviewer auf seinem Laptop durch (ich würde immer meine eigene Technik mitbringen, ist sicherer).

Wer bereits in einer Werbeagentur arbeitet, sollte akribisch darauf achten, seine entwickelten Arbeiten (Layout oder produzierte Werke) zu sammeln. Was durch die digitalen Vorlagen inzwischen ebenfalls nicht mehr so mühsam ist wie früher ist. Der Ordner „Mappe“ dürfte heute auf jedem Computer zu finden sein.

Auch sollte man seine Awards fein säuberlich auflisten und aktualisieren, um sie an geeigneter Stelle in der Mappe dezent zu erwähnen. Eher hinten als vorne, wirkt sonst zu protzig. Oder man weist am Rand der jeweiligen Arbeit darauf hin.

Wer gänzlich neu vor den Agenturtüren steht und erst noch die Hürde überwinden muss, um in einer Agentur ein Praktikum zu bekommen, der sollte sich die Aufgaben diverser Copytests von kreativen Agenturen zu Hilfe nehmen (z.B. via Agentur-Webseiten).

Einen beispielhaften Copytest der Texterschmiede, einer Ausbildungsstätte für Werbetexter in Hamburg, findest du hier.

Eine gute Mappe für einen angehenden Junior-Texter enthält ein bis zwei Kampagnen (das kann auch für frei gestellte Aufgaben oder selbst ausgewählte Produkte sein), zwei bis drei TV-Manuskripte, zwei bis drei Radiospots, zwei bis drei Guerilla-Aktionen, zwei bis drei Plakate, eine Promotion, zwei bis drei digitale Ideen (z.B. Banner, virale Aktionen, Webseiten- oder Microseitenkonzept).

Das ist der Idealfall.

Bei einem Art Director sind die Radio-Spots nicht so wichtig, der sollte etwas mehr Design- und Layoutbeispiele dabei haben.

Meine Empfehlung für Einsteiger ist, lieber weniger Ideen zu präsentieren. Aber dafür starke.
Das Fleißkärtchen, in allen Disziplinen etwas zu zeigen, sollte man stecken lassen, wenn viele Ideen nur Durchschnitt sind. Das zieht den Gesamteindruck der Mappe runter.

Für mich sind bei der Beurteilung von Junioren (neben der Person selbst) zwei richtig starke Ideen überzeugender als 10 mittelmäßige.

Das gilt auch für Leute, die schon zwei bis drei Jahre im Job sind.

Da man als Anfänger nun vermutlich nicht zweifelsfrei beurteilen kann, was eine richtig starke Idee ist, hier ein paar Quellen, mit denen du siehst, wo die Meßlatte hängt:

die Jahrbücher des ADC (Art Directors Club Deutschland, erscheint einmal im Jahr), Lürzer’s Archiv (erscheint zweimonatlich), die Cannes-Rolle (erscheint einmal im Jahr), die Jahrbücher des D+AD (englischer Directors and Art Directors Club, erscheint einmal im Jahr), das One Show Jahrbuch (erscheint einmal im Jahr), die Website von Creativity – und für gute digitale Arbeiten gibt es z.B. den bannerblog und FWA.

Vorsicht: die Jahrbücher sind leider teuer, evtl. bekommst du auf ebay frühere Jahrgänge günstiger. Die Cannes-Rolle tourt meistens im August und September durch deutsche Großstädte, organisiert vom deutschen Sponsor der Werbefilm-Festspiele an der französischen Cote d’Azur, die Rolle als DVD ist ebenfalls ziemlich teuer.

Alternative: Du besorgst dir die Liste mit den Namen/Titeln der Gewinnerspots aus dem Netz und kannst damit die meisten Werke auf YouTube finden.

Diese Wettbewerbe haben natürlich ihre Eigenarten und man muss nicht alles für die absolute Weltspitze der Werbung halten, was da präsentiert wird. Aber sie sind für einen Anfänger ein ganz guter Gradmesser, wo der kreative Olymp gerade hin ragt.

Zum Thema „Awards“ werde ich zu einem anderen Zeitpunkt noch mal ein paar Worte loslassen, denn die sind ein Thema für sich.

Fest steht: die Mappe ist dein kreatives Wertpapier.

Du musst laufend in sie investieren (Zeit und Ideen), du musst sie schützen (vor Beliebigkeit und Austauschbarkeit) und du musst die Zinsen (mehr Gehalt, Awards) wieder in noch bessere Ideen und Konzepte investieren.

Das inhaltlich Format der Mappe – ganz gleich ob digital oder Leder – sollte ein einfaches, plakatives und ansprechendes Format und eine einfache, plakative und ansprechende Gestaltung haben – so dass die Arbeit selbst im Mittelpunkt stehen kann.

Bring die Ideen zum Wirken, indem du sie nicht durch unnötige Gestaltungs- oder Bewerbungsideen verbesonderst.

Geh immer davon aus, dass der Mensch, der sich die Mappe ansieht, keine Zeit hat. Du musst schnell und überzeugend sein kreatives Herz gewinnen und zeigen, dass du was von Ideen und der Präsentation von Ideen verstehst.

Auch sieht es einfach besser aus, wenn die DVD nicht mit der klassischen Rohlinggestaltung von Aldi oder Conrad Electronics daher kommt, sondern eine gewisse optische Form (gestalteter Aufkleber) erfahren hat.

Und noch etwas: vergiß Zeugnisse und Diplome. Diese Währung zählt in kreativen Berufen nichts.

Tipp 12: Mach deine Mappe nicht zu einer Idee, sondern halte sie einfach und plakativ, damit die Ideen selbst wirken können.





Die Mappe im analogen Zeitalter. Zum Aufklappen und präsentieren.




Die Mappe im digitalen Zeitalter.
Wenigstens das Aufklappen ist geblieben.

Montag, 15. September 2008

Lieber Bordellpianist oder Werber?

Die Franzosen müssen ein ganz besonders gestörtes Verhältnis zum Berufsbild des Werbers haben. Sonst wären zwei der sehr häufig zitierten Anekdoten über Werber nicht französischen Kreativköpfen entsprungen. Oder Koks ist in Frankreich sehr viel günstiger als bei uns.

Die eine Anekdote ist angenehm kurz und wurde von Jacques Séguéla, einer französischen Werbelegende der 70er Jahre und Gründer der Agentur Euro RSCG (das S in RSCG) in die Welt gesetzt.

Er soll zu Freunden gesagt haben: Erzählt meiner Mutter nicht, dass ich in der Werbung arbeite, sie denkt, ich bin Pianist in einem Bordell.

Die andere Anekdote ist etwas ausladender, schon länger als ganzes Buch erhältlich und seit neuestem auch als Kinofilm: 39,90 von Frédéric Beigbeder. Er soll Kreativer u.a. bei Young & Rubicam in Paris gewesen sein.

Während der erste zu seiner Hochzeit ein paar bahnbrechende Kampagnen entwickelt hat, ist vom zweiten in dieser Richtung nichts bekannt.

Was einiges erklärt.

Aus meiner Sicht kommt vom ersten eine charmante Koketterie der Vergangenheit, die von unserer heutigen Informationsgesellschaft überholt wurde.

Und vom zweiten populistischer Müll, der mehr oder weniger ambitioniert zu einer filmtauglichen Story zusammen gehämmert wurde. Provokation und maßlose Übertreibung wieder mal als gewinnbringende Stilelemente. Funktioniert scheinbar immer noch. Oder immer mal wieder.

Bei 39,90 wird das Klischee vom koksenden und saufenden Werber herrlich genährt. Und die Oberflächlichkeit der Branche unterstrichen. Ich musste mich neulich von einem guten Bekannten fragen lassen: "Komm, so ist es doch bei euch". Tiefgründiges Grinsen. "Gib es doch endlich zu". Noch tiegründigeres Grinsen. Verbunden mit lüsternem Augen heraus treten.

Ich selbst habe solche Zustände nicht im Ansatz erlebt, höre aber immer mal wieder, dass es sie geben soll. Vielleicht liegt es daran, dass ich mittags keinen Rotwein trinke und mir mit Entenleberpastete die Magenwindungen verklebe.

Fest steht, die Vorbehalte gegen Werbung sind groß. Woran wir Werber selbst schuld sind. Denn das Ergebnis unserer Arbeit sind u.v.a. die täglichen Werbeblöcke. Und die hält tatsächlich kein normaler Mensch aus.

Das einzig Gute daran ist, dass man mit intelligenten und mutigen Ideen zur leckeren Kirsche auf dieser fiesen Werbesauce werden kann.

Diese eine Herausforderung macht mir heute noch Spaß und sie treibt mich täglich an.

Die beiden Anekdoten sollten dich nun wirklich nicht davon abhalten, in die Werbung zu gehen. Stattdessen sind die nachfolgenden Fragen ein guter Test, ob du bereit für diese Branche bist.

Meine 10 Gewissensfragen, bevor du in die Werbung gehst.
  1. Kannst du allen deinen guten Freunden ins Gesicht blicken und sagen, dass du in die Werbung willst?
  2. Bist du in der Lage, einen durchschnittlichen Werbeblock an zu sehen ohne weg zu zappen?
  3. Erträgst du es, wenn fremde Leute deine Ideen als „die letzte Scheisse“ bezeichnen?
  4. Kannst du eine geniale Idee in den Papierkorb werfen und ganz neu anfangen?
  5. Hältst du viele eitle Menschen in deiner nächsten Nähe aus?
  6. Kannst du dir vorstellen, mit weißem Kittel und Haarnetz an einer Fertigungsstraße entlang zu laufen und die Arbeiter freundlich zu grüßen?
  7. Traust du dir zu, zwanzig Leuten an einem Konferenztisch deine TV-Manuskripte vorzulesen?
  8. Bist du bereit, am Wochenende zu arbeiten, ohne mehr Geld dafür zu bekommen?
  9. Kannst du dir vorstellen, mit einem unsympathischen Menschen an einem Tisch zu sitzen und mit ihm zusammen Ideen auszudenken?
  10. Hast du schon mal ein Plakat, eine Anzeige, einen Kino- oder TV-Spot oder sonstige Werbung gesehen, die du selbst gerne gemacht hättest?

Tipp 11: Wenn du nur eine der 10 Fragen mit „nein“ beantwortest, lass die Finger von der Werbung.





Der Kinofilm "39,90". Kein Grund, nicht in die Werbung zu gehen.

Freitag, 12. September 2008

Marktforscher sind die Bestatter von neuen Ideen.

Nein, ich bin nicht gegen Marktforschung.

Ich bin nur gegen Marktforschung, die nicht differenziert. Und gegen Marketingverantwortliche, die hinter der Glasscheibe nur die Aussprüche der Probanten hören, aber nicht die tiefere Bedeutung sehen.

Wie ich gestern schon ausgeführt habe: Was ein Konsument sagt, und was er meint, ist meistens nicht das gleiche. Und das sollte man raushören können.

Deshalb habe ich so meine Probleme mit den Tests von Anzeigenlayouts, Storyboards oder Animatics, bei denen 1000 Leute gefragt werden, wie sie die Werbung finden.

Prinzipiell unterscheidet man zwischen quantitativer und qualitativer Marktforschung.

Quantitativ heisst, man befragt 100+n Leute. Per Straßenbefragung, Internet oder anderen Massen-Befragungs-Mechanismen.

Qualitativ heißt, man befragt wenige Menschen sehr intensiv. Entweder in Einzelinterviews oder so genannten Gruppendiskussionen.

So sieht man sich als Kreativer plötzlich hinter einer Glasscheibe sitzen und den Aussagen von 10 Menschen und einem Moderator lauschen, der die stellvertretenden Konsumenten zu neuen Werbekonzepten interviewt. Konzepten, die man mühsam entwickelt hat.

Eines meiner letzten nachhaltigen Erlebnisse: die Gruppendiskussion um ein Premium-Mineralwasser. Also ein teures Produkt. Und um Kampagnen, die das Wasser bei Besserverdienenden, am liebsten DINKS (double income, no kids), zurück ins Gedächtnis und in den Getränkekeller bringen sollen. Zielgruppe: Die typische Eppendorfer. Oder Bogenhausener. Oder Charlottenburger.

Wie es sich gehört, stellen sich die Konsumenten am Anfang einer Gruppendiskussion vor. Sie sind alle Nicht-Trinker der Marke. Was beabsichtigt ist, da man ja neue Leute für die Marke gewinnen will. In der Gruppe dabei ist ein Lagerarbeiter, ein LKW-Fahrer, eine Schuhverkäuferin, ein Kfz-Mechaniker, eine Telefonistin, ein Arbeitsloser, ein Student, den Rest erinnere ich nicht mehr.

Frage (verzweifelt) der Agentur an den Kunden: Äh, das ist doch gar nicht unsere Zielgruppe.

Antwort des Kunden an die Agentur: Ach, das spielt erst mal keine Rolle, es geht ja nur ums Verständnis der Kampagne.

Frage (noch verzweifelter) der Agentur an den Marktforscher: Äh, kann jemand, für den die Anzeigen nicht gemacht sind, die Anzeigen verstehen?

Antwort des Marktforschers: Keine Sorge, das können wir schon differenzieren. Es geht nur erst mal ums Verstehen.

Nach 4 Stunden sind alle drei vorgestellten Kampagnen tot. Und damit 5 Wochen harte Arbeit.

Nein nein, es hat nicht daran gelegen, dass sich die Leute das Premium-Mineralwasser nicht leisten können. Und dass sie da sitzen, um sich etwas Geld dazu zu verdienen. Und das einer der Hauptgründe beim Mineralwasserverkauf für Sie der günstige Preis ist.

Woran hat es dann gelegen?

Antwort des Marktforscher: Das emotionale „bridging“ zwischen Visual und Produkt ist zu schwach. Die Anzeige involviert die Zielgruppe nicht.

Agentur: Ich brauch jetzt ein Bier.

Das Problem der Marktforschung ist nicht, dass man jemanden fragt.
Sondern wen man was fragt. In welchem Umfeld.

Wer hat schon Lust, sich 4 Stunden nach Feierabend in einen geschlossenen Raum zu begeben und über Werbung zu sprechen? Und vor allem, in welcher Stimmung ist er da?

Qualität kommt vor Quantität. Auch in der Marktforschung. Deshalb halte ich mehr davon, einige wenige Menschen richtig zu befragen und in die Tiefe zu gehen, bevor ich von vielen nur einige oberflächliche Statements erhalte.

Das Umfeld ist ebenfalls entscheidend. Gute Planner und Marktforscher bevorzugen den Gang zur Zielgruppe, als dass sie die Zielgruppe zu sich kommen zu lassen. Nicht selten werden Treffen in Wohnungen von Leuten mit deren Freunden und Bekannten vereinbart. Stichwort: ungezwungen.

Wir haben jüngst einer Marktforschung beigewohnt, bei der für einen unserer Kunden extra einen kleiner Event kreiert wurde. Ein gutes Essen in einem sehr guten Restaurant. Also in einem für die betreffende Zielgruppe gewohntem und begehrenswertem Umfeld. Und da kamen sehr interessante Erkenntnisse heraus. Nicht erst nach dem zweiten Glas Cabernet Sauvignon.

Natürlich kannst du als „kleiner Texter“ oder „Art Director“ nicht gegen die Marktforschungsgewalt antreten und verlangen, dass die Ergebnisse doch bitte zu ignorieren seien.

Selbst ein gestandenes kreatives Schlachtschiff wie ich ist machtlos gegen die Zahlen und Fakten, die als Alibi für Mutlosigkeit herhalten müssen.

Mein Statement heute kann nur dazu dienen, dass du Marktforschung ins rechte Licht zu rücken weißt und nicht frustriert bist, wenn deine Kampagne durchfällt. Mutige Kreativität hat da oft wenig Chancen.

In vielen Unternehmen regiert die Angst. Und Marktforschung dient dazu, sich abzusichern.

Das ist das "cover my as"-Phänomen.

Marktforschung gibt Produktmanagern, Werbeleitern oder gleich ganzen Marketingabteilungen eine gewisse Sicherheit, dass sie nichts falsch machen.

Aber sie gibt ihnen leider nicht die Sicherheit, dass sie auch alles richtig machen.

Etwas Neues entsteht nur, wenn man etwas risikiert. Wenn man mehr auf seinen Bauch hört als auf Marktforschung (ist übrigens auch viel günstiger). Ein Produkt wie Bionade hätte es mit Marktforschung sicher nicht gegeben. Da waren mutige Unternehmer am Werk.

Und noch etwas: wenn du dich in einem Pitch befindest, an dessen Ende die Konzepte in die Marktforschung gehen, dann solltest du wissen, dass nicht jedes Konzept dort besteht, auch wenn es richtig ist.

Ich sehe mich heute in der Lage zu beurteilen, welche Kampagne in Marktforschung bestehen können. Und welche nicht. Es sind in der Mehrzahl nicht die richtig kreativen Kampagnen.

Ein Know How, auf das ich bestimmt nicht stolz bin.

Bevor du nun also völlig ratlos vor einem Briefing oder vor einer Aufgabe sitzt, lege ich dir meinen heutigen Tipp ans Herz. Wenn du keinen Planner oder Kundenberater zur Hand hat, der dir dabei hilft, mach es einfach selbst.

Du hast doch sicher ein paar Freunde, Nachbarn oder Eltern? Und etwas zu essen und einen Wein bekommst du doch auch noch aufgetischt.

Fertig ist deine kleine Marktforschung.

Tipp 10: Lieber eine tiefgehende Erkenntnis von 5 Verbrauchern als oberflächliche Statements von 1000.





Marktforschung: Ich möchte den heutigen Beitrag nicht ohne eine kleine Umfrage beenden.

Anfang September 2008 ist die überarbeitete Patek Philippe Kampagne gestartet.
Aus den "Vater und Kind"-Motiven sind "Vater-und-Sohn-Motive geworden.


Die Abstimmung findest du in der rechten Spalte.

Donnerstag, 11. September 2008

Der Consumer Insight ist ein Dilemma.

Die Kommunikationsbranche hat sich durch den Einzug der digitalen Medien massiv verändert. Eine Regel aber verhält sich den Innovationen der Informationsgesellschaft gegenüber wie das bekannte kleine gallische Dorf.

Es ist die Regel: Der Kunde ist König.

Mit mehr Aufwand als je zuvor kreist die strategische Planung um die Bedürfnisse des jeweiligen Konsumenten und versucht, so tief wie möglich in seine motivatorischen Untiefen vorzudringen.

Hirnforschung und Neuromarketing heißen die neuen Sterne über dem Research-Planeten (da ist es übrigens ziemlich kalt) und plötzlich wird sogar die klare, jahrzehntelang von Agenturen und anderen Schlaubergern dozierte Aufteilung von linker und rechter Gehirnhälfte (Emotion und Rationalität) in Frage gestellt.

Ich will mich in diese Diskussionen nicht einmischen, sie ist meinem Gehirn zu hoch und zu weit weg von „Vereinfachung“.

Für den kleinen Kreativen, der sich am Ende des ganzen marketing-wissenschaftlichen Theoriegedöns wieder die Kampagne ausdenken muss (einer muss es ja schließlich machen), lässt sich nur eines sagen:

Die besten Ideen liegen im Supermarkt.

Gespräche mit dem einen oder anderen Konsumenten bringen oft interessante Einsichten zutage. Auch Gespräche mit Produktentwicklern oder Verkäufern haben interessante Perspektiven parat, die dich auf herrlich neue Gedanken bringen.

Und das Schöne: Konsumenten sind keine seltene Spezies, es gibt sie an jeder Ecke. Für fast jedes Produkt.

Insight ist aber das Modewort im Planning unserer Zeitrechnung und der aufgeklärte Berufseinsteiger sollte daher wissen, worum es sich handelt.

Es sind die Einsichten in die Gefühlswelt der Zielgruppe. In Motivationen, Einstellungen, Wünsche, etc.

Was denken die Menschen über Autofahren, über Automobile, was denken Sie über Skoda, aus welchen Gründen kaufen sie sich einen Skoda? Und warum keinen Renault? Aber, ehrlich gesagt, das sind nur die langweiligen Erkenntnisse.

Für die Strategie- und Ideenfindung ist es interessanter, hinter die Fassade der vordergründigen Äußerungen zu blicken. Und auf das zu kommen, was nicht gesagt wird.

Um ein Beispiel zu geben:

Zu unserem letzten Hochzeitstag habe ich meine Frau gefragt, was sie sich denn wünscht. Sie hat geantwortet "ach, nichts!". Ich bin nun nicht gerade bekannt für die große Gefühlsduselei, was Jubiläen, Weihnachten oder ähnliche Festivitäten anbetrifft.

Ergebnis: Wir sind an unserem Hochzeitstag einfach gut essen gegangen.

Doch bei diesem Essen brach es aus ihr heraus. Sie warf mir bitter enttäuscht an den Kopf, dass ich am Morgen dieses Tages nicht mit einem schönen großen Blumenstrauß aufgewartet habe. Den weiteren Verlauf des Essens ersparen wir uns.

Und wenden uns dem wirklich interessanten Insight für Insights zu:

Was Konsumenten sagen und was sie sich wirklich wünschen ist meistens nicht identisch. Aus diesem Dilemma (wenn man es rausfindet) lassen sich aber die besten Strategien entwickeln.

Ein Mensch, der sich einen Skoda Octavia Combi kauft, macht das vielleicht, weil er gerade Familienvater geworden ist. Doch in seinem tiefsten Inneren würde er viel lieber einen Sportwagen fahren.

Das ist eine interessante Geschichte. Und es gibt sie sogar schon als Film.

Tipp 9: Wenn du kein Gefühl für ein Produkt hast, rede einfach mit dem ein oder anderen Verbraucher. Überall in deiner Nähe.



Der TV-Spot "Zeltlager" löst ein Familienvater-Dilemma.

Den Claim des Spots "Auch Väter sind Männer" habe ich in Hamburg sogar als selbstgebastelten Aufkleber auf einem Skoda Octavia RS gesehen.

Mittwoch, 10. September 2008

Gute Strategie ist die halbe Idee. Leider selten.

Wenn ich die Absicht hege, dass mich meine neuen Nachbarn sympathisch finden, so könnte ich ja am ersten Tag nach meinem Umzug an deren Türe klingeln und sie mit folgenden Worten begrüßen: "Hallo, ich bin Stefan, euer sympathischer Nachbar".

Doch was halten wir von Leuten, die wir nicht kennen und die einem ziemlich direkt und unverblümt sagen, was sie haben, können, wissen oder wer sie Wichtiges sind?

Eben.

Im TV Werbeblock ist die Situation ähnlich: Die meisten Marken schreien mich an und erzählen mir, was ich von ihnen denken soll. Mit dem kleinen Unterschied: sie klingeln nicht, sondern kommen unaufgefordert rein.

Strategie ist, vorher den richtigen Weg festzulegen, damit meine Nachbarn mich nicht aufdringlich und nervig finden. Was muss ich sagen oder tun, damit sie von selbst die Schlussfolgerung ziehen, dass ich sympathisch bin?

Oder, um eine alte Metapher zu zitieren: Wenn es das Ziel ist, einen Fisch zu fangen, dann ist Strategie, sich zu überlegen, welcher Wurm am besten schmeckt. Und Kommunikation, ihn an der richtigen Stelle des Sees zum richtigen Zeitpunkt ins Wasser zu hängen.

Werbung arbeitet am besten, wenn sie den Verbrauchern nicht erzählt, was sie denken sollen, sondern es ihnen erlaubt, ihre eigenen Schlussfolgerungen zu ziehen.

In seinem Buch „Perfect Pitch“ beschreibt der englische Planner Jon Steel die heutige Situation der Konsumenten wie folgt:

Sie sind von Natur aus komplizierte, emotionale, unvorhersehbare Kreaturen , deren Beziehungen zu den Marken, Produkten oder der Werbung um sie herum wichtiger ist als die Marke, das Produkt oder die Werbung selbst.

Gute Werbung baut deshalb eine Beziehung zum Konsumenten auf. Und das schafft man nur, wenn man sich intensiver mit ihm auseinander setzt.

Häufig wollen Menschen von mir wissen, was der Unterschied zwischen deutscher und englischer Werbung ist.

Die Antwort: es ist nicht nur die Art des Humores. Es ist vor allem die Hingabe und der Aufwand, mit der englische Planner und Kreative versuchen, die richtige Strategie zu finden.

Viele deutsche Kreative trauen ihren Strategen nicht. Was daran liegt, dass die deutschen Strategien meistens sehr banal und austauschbar klingen – und einen Kreativen nicht sonderlich inspirieren.

Strategie hat in Deutschland (noch) nicht den Stellenwert, den sie in angelsächsischen Ländern hat. Dabei kann eine gute Strategie für einen Kreativen der Garant sein, nicht das ganze Wochenende arbeiten zu müssen. Man muss nämlich nicht so lange im Trüben fischen.

Als junger Kreativer ist man von den Vorgaben seiner Vortänzer abhängig und kann bei einem mäßigen Briefing (einer austauschbaren Strategie) nur noch seine Intuition walten lassen.

Oder sich eines kleinen Tricks behelfen.

Tipp 8: Wenn du keine gute Strategie zur Hand hast, betrachte dein Produkt doch mal aus der Perspektive eines Kindes.




Seit 12 Jahren eine der konsequentesten Kommunikationsstrategien weltweit:
Patek Philippe ist die Uhr, mit der man sich unsterblich macht.

Claim: Eine Patek Philippe gehört einem nie ganz allein. Man erfreut sich ein Leben lang an ihr, aber eigentlich bewahrt man sie schon für die nächste Generation.

Bitte beachte auch Umfrage rechts.

Dienstag, 9. September 2008

Reason Why. Warum ADs nicht Grafiker heißen.

Keiner hatte mich vorbereitet. Als ich vor rund 20 Jahren das erste Mal in einem Briefing-Meeting saß (nein, nicht in einer Aufgaben-Besprechung), traf ich ganz unvermittelt auf mir unbekannte Marketinggrößen.

Sie nannten sich Reason Why, Consumer Benefit, Copy Strategy, Unique Selling Proposition, Target Audience – um nur einen Bruchteil zu nennen.

Was ich nach den ersten Begegnungen schnell lernte, war, dass diese Begriffsakrobatik meistens in einem doppelten Salto von Statements und Erklärungen mündet. Das sieht zwar gut aus. Lähmt aber alle Klarheit.

Es ist alles erwähnt. Aber nichts gesagt.

Hinter dieser Verkomplizierung steckt die Unsicherheit vieler Marketingmanager oder Agenturberater. Zum einen müssen sie sich durch verbale Ausritte nicht so genau festlegen (was ja einen gewissen Mut erfordert). Zum anderen ist einfach viel zu einfach (schließlich ist man ja Akademiker und hat einen wissenschaftlichen Anspruch).

Ich habe gegen Fachbegriffe nichts einzuwenden, solange sie ein Briefing kurz und klar halten – und schlüssig aufeinander aufbauen. Aber damals wäre ich froh gewesen, wenn mich jemand von Beginn an ermutigt hätte, die Dinge zu vereinfachen.

Man kann bei der Entwicklung einer Kampagne schließlich nicht all die vielen Anweisungen im Kopf behalten, die erfüllt werden sollen. Wenn man allein gelassen ist, muss man sich das herausfiltern, was Sinn macht und als knackige Plattform für eine gute Idee geeignet erscheint.

Mir ist an dieser Stelle die Feststellung wichtig, dass sich Berufsanfänger von diesen Begrifflichkeiten nicht blenden lassen sollten. Und vor allem das einfache logische Denken nicht ausschalten.

In einem Kommentar zu meinem gestrigen Beitrag wurde eingeworfen, dass es für einen Junior Copywriter schwer ist, ein Briefing zurück zu geben (siehe meinen Tipp 6). Weil er noch keine Lobby oder noch nicht so viel „Eier“ wie Oliver Kahn hat.

Das sehe ich ein.

Deshalb an dieser Stelle eine kleine Arbeitshilfe. Man kann so ein Wust von Briefinginformationen mit folgender Formel selbst sezieren, so dass man kreativ arbeiten kann:

Warum (Ziel) soll was (Botschaft) gesagt werden. Wie (Produktvorteil, Markeneigenschaft) lässt es sich begründen und was hat der Kunde (Vorteil) davon.

Warum-was-wie-was. Klingt für uns eitle Werbefritzen natürlich nicht so sexy, wie nach dem Cosumer Benefit zu suchen. Oder den USP zu formulieren.

Auf einer Visitenkarte schließlich klingt „Art Director“ eben besser als „Senior Grafiker“.

Marketing wurde bekanntlich in Amerika erfunden und damit auch die ganzen Fachbegrifflichkeiten unserer Branche.

Der nicht vorhandene Mut zur Vereinfachung begleitet einen übrigens durch das ganze Leben. Die Vision von der Steuererklärung auf einem Bierdeckel kann man deshalb getrost über einem solchen ertränken.

Aber: Wir Kommunikationsfachleute sollten wenigstens den Mut aufbringen, Dinge zu simplifizieren. Die einfachsten Ideen gehören immer noch zu den besten.

Tipp 7: Wenn das Briefing nicht taugt, vertraue deinem gesunden Menschenverstand.




Marketing-Verbal-Akrobatik auf Schwäbisch. Heavy-Youtube-User werden den Film kennen.

Montag, 8. September 2008

Das Briefing ist die ewig zu lange Kurzanweisung.

Vor dem Output kommt der Input. Diese Woche beschäftige ich mich deshalb mit den Bereichen, die man kennen muss, bevor man überhaupt kreativ zu denken beginnt.

Dazu gehört das Briefing.

Du kannst keine guten Ideen haben, wenn Du nicht weißt, was du den Verbrauchern eigentlich vermitteln sollst. Das macht das Briefing. Es wird von Kundenberatern oder Plannern verfasst. Wer als Kreativer in einer Werbeagentur arbeitet, ist vom Briefing abhängig. Da stehen die Anweisungen drin, was genau zu tun ist.

Zuerst gibt es ein Kunden Briefing. Heutzutage muss man aber schon von Glück reden, wenn der Kunde noch ein richtiges Briefing schreibt.

In einem ordentlichen Kunden Briefing stehen die ganzen Hintergründe zur Aufgabe drin, die Marketing- und Kommunikationsziele, die Produkteigenschaften, wer die Zielgruppe ist, wie hoch das Budget liegt, welche Botschaften (man achte auf die Mehrzahl) kommuniziert werden sollen, eine Betrachtung der Konkurrenz und gerne auch ganz explizit, was alles nicht gemacht werden darf.

Wenn Kunden sich denn aufmachen, ein Briefing zu schreiben, ist es meistens ziemlich ausladend. Bei Neugeschäften bekommt man auch schon mal einen ganzen Aktenordner voll. Ich begrüße das, lieber steht mir zu viel Information zur Verfügung als zu wenig.

Agenturen schreiben dann ein Creative Briefing für ihre Kreativen.

Vieles im Kundenbriefing ist Ballast, mit dem man sich als Kreativer nicht beschäftigen muss. In unserer Agentur soll das Creative Briefing nicht mehr als zwei DIN A4 Seiten lang sein. „Brief“ heißt ja bekanntlich „kurz“. Eigentlich logisch, in 30 TV-Sekunden, auf einer 1/1-Anzeigenseite oder auf einem Plakat kann man gar nicht so viel kommunizieren. Dennoch sind auch die Beschreibungen in Agentur Briefings oft in epischer Länge gehalten.

In vielen Agenturen ist das Creative Brief eine Zusammenfassung des Client Brief. Dazu benötigt der Kunde aber keine Agentur. Eine Agentur benötigt er, um sein Briefing zu hinterfragen, eigene Recherchen anzustellen, und eine strategische Marschroute festzulegen.

Recherchen unternimmt man in der Zielgruppe, in dem betreffenden Markt (z.B. Uhren und Schmuck) und bei der Konkurrenz. Den ganzen Aufwand betreibt man natürlich nicht, wenn es nur um eine Anzeige oder einen Prospektflyer für einen bestehenden Kunden geht, sondern wenn man eine ganz neue Kampagne erarbeiten soll. Und ganz besonders, wenn es um eine Wettbewerbspräsentation (Pitch) geht.

Gute Agenturen haben zur Recherche und zur Interpretation der ganzen Daten einen Strategischen Planer (Planner). Oder gar mehrere. Diese Menschen kennen sich mit Marktforschung aus, können das Datenmaterial abwägen, und überlegen sich schließlich eine Strategie, auf der die Kreativen arbeiten.

Ein gern zitiertes Bild für die Arbeit der Planner ist ein Trichter. Oben kommt das ganze Informationsmaterial rein. Unten kommt der eine „Planning-Satz“ raus, der die Basis deiner kreativen Arbeit vorgibt.

In den meisten Fällen wird aus dem Satz leider ein ganzer Absatz. Und das macht ein gezieltes Arbeiten schwierig.

Fakt ist: Je besser das Briefing, desto höher die Chance, eine gute Ideen zu erarbeiten.

Es ist schon ein Unterschied, ob ich auf der Kernbotschaft „die Uhr ist einzigartig“ arbeiten muss oder auf „die Uhr, mit der man sich verewigt“.

Für alle, die noch nie ein Creative Brief gesehen haben, füge ich unser Formular bei. Aus verständlichen Gründen nicht ausgefüllt. Über die Besonderheit in unserem Agentur Brief, nämlich „die Marke in 1 Sekunde“, schreibe ich in den nächsten Tagen noch etwas.

Warum die meisten „Briefs“ trotzdem immer wieder ziemlich „Long“ sind, liegt daran, dass wenige den Mut haben, sich fest zu legen und möglichst konkret zu beschreiben, was genau gesagt werden soll (die sogenannte Kernbotschaft).

Die Hoffnung ist, je schwammiger das Briefing, desto mehr Ideen kommen raus. Leider kommen eben schwammige Ideen raus. Siehe den täglichen Werbeblock.

Tipp 6: Wenn die Kernbotschaft im Briefing mehr als zwei Sätzen hat, gib das Briefing zurück.



Beispielhaftes Briefing-Formular.

Freitag, 5. September 2008

Werbung. Was soll das?

Ich möchte heute, am Ende meiner ersten Blog-Woche, für die Einsteiger-Gemeinde unter den Lesern doch noch mal ein paar Worte über Sinn und Zweck von Werbung verlieren.

Wer in die Werbung geht, muss mit seinem Gewissen vereinbart haben, dass Werbung die Menschen grundsätzlich und immer nervt.

Ich bin selbst immer wieder verblüfft, wie gnadenlos viele Marken ihre Sympathiepunkte aufs Spiel setzen, wenn ich ein Champions-League-Spiel auf den freien Kanälen ansehe. Da werden Spots, die man beim ersten Mal schon verstanden hat (weil es eigentlich nix zu verstehen gibt), so penetrant oft wiederholt, dass man nichts sehnlicher wünscht, als auf die Toilette gehen zu müssen.

Dumpfe Botschaften, blöde Jingles, belehrende Off-Sprecher und all die anderen ätzenden Dramaturgie-Säuren sorgen dafür, dass meine 11jährige Tochter mich ansieht und ab und zu mal wieder nachfragt, ob ich auch wirklich in der Werbung arbeite. Fast scheint sie zu hoffen, ich hätte einen anderen Beruf.

Auch im Internet kleben diese blöden Pop-up-Fenster wie Vogelscheiße an meinem Bildschirm, wenn ich die Hauptseite schon längst weggeklickt habe. Wer will das – außer einigen wahnsinnigen Marketingleuten? Und was bringt das – außer Antipathie für eine Marke?

Eigentlich soll Werbung verführen. Wer lässt sich nicht gerne verführen, wenn es gut gemacht ist.

Werbung soll die Menschen verführen, ihre Wahrnehmung einer Marke zu verändern oder zu stärken. Menschen sollen sich durch Werbung mit der einen Marke (für die man arbeitet) stärker identifizieren als mit den anderen Marken. Das bringt den Kunden am Ende des Tages mehr Geld, weil attraktive Marken mehr Zuspruch haben als weniger attraktive. Ist ja logisch.

Produktvorteile oder gewisse Marken-Eigenschaften spielen dabei eine Rolle, aber nicht die Hauptrolle. Am Ende des Tages geht es um emotionale Bindungen.

Viele Marketingleute überschätzen allerdings die Kraft von Werbung. Ist ihr Produkt oder ihr Markenversprechen nicht glaubwürdig, kannst du dir einen Wolf werben. Er wird nichts reissen.

Beispiel: Die Beraterbank. Ist ein echter Witz für mich.

Ich bin seit Jahrzehnten bei der Dresdner Bank. Und der Mensch, der sich Berater nennt, hat vor einem Jahr gewechselt, ohne dass sie es mir gesagt haben. War einfach nicht mehr erreichbar, als ich ihn angerufen habe. Und meine Mails sind auch unbeantwortet verpufft.

Wenn die Werbespots laufen, muss ich immer wieder lachen. Nicht, weil sie lustig sind, sondern weil ich hysterisch werde vor der Impertinenz der Marke.

Wenn man nun als Teilnehmer im Werbezirkus akzeptiert, dass Werbung den oben genannten Zweck verfolgt, dann gibt es zwei Philosophien, dies zu tun.

Die eine Philosophie heisst Penetration.

Das ist, wenn ich den Menschen mit der Macht meines Mediageldes „Die Beraterbank“ in den Kopf hämmere.

Die andere Philosophie heisst Inspiration.

Das ist, wenn ich Kommunikation als einen Deal ansehe. Der Deal ist, dass die Marke dem Betrachter etwas bietet (Unterhaltung, Spannung, ungewöhnliche Bilder), worüber er lachen, schmunzeln oder ernsthaft nachdenken kann. Im Gegenzug ist der Verbraucher bereit, meine Botschaft wahrzunehmen und sich damit auseinander zu setzen. Die Botschaft selbst muss natürlich relevant sein und mit der Unterhaltung, Spannung oder mit den Bildern verknüpft sein.

Und weil die Werbung so gut und intelligent gemacht ist, muss die Marke für die Durchsetzung der Botschaft auch nicht so viel Geld investieren, weil sich die Menschen die Botschaft gerne merken.

Zum Schluss möchte ich mich von meiner penetranten Bank verabschieden und ihr zeigen, wie man als Finanzinstitut auftritt.

Unsere englischen Kollegen von Leagas Delaney London haben vor ein paar Jahren eine Kampagne für die Barclays Bank entwickelt, die mit diesem verlogen Berater-Service-Anspruch gebrochen hat.

A big world needs a big bank.

Tipp 5: Werbung nervt die Menschen. Also unternehme alles, damit es deine Ideen nicht tun.




TV-Spot "Player" für Barclays Bank aus dem Jahr 2000.
(Mit Anthony Hopkins. Regie: Ridley Scott.)
Das ist nicht normal für eine Bank. Ohne das man es explizit
sagen muss.