Dienstag, 4. November 2008

Karriereplanung ist was für Berater.

Ich führe viele Interviews mit Kreativen und man trifft immer wieder mal auf Gegenüber, die eine sehr klare Vorstellung davon haben, wann genau sie spätestens Creative Director sein wollen.

Sie glauben, dass macht Eindruck, sich quasi wie ein Oxford-Jünger in der Kreativgemeinde zu positionieren. Motto: Erfolg hat, wer ihn plant.

Ihre Karriere haben sie sich quasi schon vorgezeichnet. Ihnen ist wichtig, ein Team führen zu können. Zum Kunden zu gehen. Meistens sind das die Typen, die auch einen Pferdeschwanz oder eine schräge Designerbrille tragen, weil man daran Querdenker oder nicht angepasste Leute erkennt.

Soweit ein kleiner Einblick in meine Vorurteile (und schon mal Entschuldigung an alle, die sich zu unrecht von mir beleidigt sehen).

Wie auch immer, mich macht Karrieregeilheit äußerst skeptisch.

Zumal die dazugehörigen Bewerber meistens eine Mappe aufweisen, die mit dem Niveau ihres Karriereplans kaum mithalten kann.

Much talk, less action. Aber: In dieser Branche sprechen Ideen.

Jemand, der in jungen Jahren schon sehr viele gute Ideen hat, braucht sich um seine Karriere keine Gedanken zu machen.

Aber auch Leute, die erst mit den Jahren ein Gefühl für gute Ideen entwickeln, finden irgendwann ihren Weg (ich würde mich dieser Kategorie zuordnen).

Karriereplanung als Kreativer ist verschwendete Zeit. Zeit, die man nutzen sollte, um sich bessere Ideen auszudenken.

Jede tolle Idee, die veröffentlicht wird, ist ein größerer Karriereturbo als sich mit ambitionierten Gedankenspielen hoch zu bumsen.

l

Ich war dieses Jahr in der Jury „Abschlussarbeiten“ beim ADC Nachwuchswettbewerb (24. – 26.10.2008, München).

Es war erfreulich zu sehen, dass es im studentischen Bereich sehr viele starke Ideen gab.

Was sich in der Zahl der Auszeichnungen, die wir vergeben haben, widerspiegelt.

Zur Abschlussarbeit des Jahres wurde eine Arbeit des Studenten Daniel Göttling von der Fachhochschule Dortmund gekürt. Für eine Website und die dazugehörigen offline Werbemittel.



Hier geht es zu der Website Fontmess.

Daniel Göttling hatte die Idee, Schriftschnitte zu erfinden und sie mit kleinen Filmen erlebbarer zu machen.

Typographie ist ein Handwerk, das im digitalen Zeitalter zur low interest Erscheinung zu verkommen scheint. Hier wird ihr mit digitalen Methoden neues Leben eingehaucht.

Perfekt gedacht, sehr gut gemacht.

Eine weitere bemerkenswerte Arbeit ist der virale Film „Mantaverschwörung“ von den Filmstudenten Max Penk und Johannes Kümmel (Filmakademie Baden-Württemberg).

Bevor mir die Arbeit in der Jury begegnete, hatte ich Wochen zuvor schon bei Spiegel online darüber gelesen.

Dieser Film handelt von der Theorie, dass Porsche in den 80er Jahren mit einer Intrige dafür gesorgt hat, dass der Manta-Absatz einbricht – weil man Angst vor dem Erfolg dieses Autos hatte.

Die Geschichte allein klingt schon so absurd, dass man daraus nur einen ebenso absurden wie unterhaltsamen Film schaffen konnte. Und es ist gelungen.

Wie die beiden dann auch noch Karl Dall dazu überredet haben, bei dem Film mitzuwirken, bleibt ihr Geheimnis. Glückwunsch dazu.

Diese beiden Arbeiten zeigen, dass Junioren Ideen von Senioren-Qualität kreieren können.

Und wer beweist, dass er diese Ideenqualität mehrfach wiederholen kann, bleibt auch nicht lange Junior.

Alle anderen müssen sich etwas gedulden. Meister fallen bekanntlich nicht vom Himmel.

Tipp 45: Beschäftige dich mit guten Ideen und nicht mit Karriere, dann machst du sie automatisch.



Diese Junior-Idee hat Senior-Qualität. Mehr davon, dann klappt es auch mit der Karriere.

Der virale Film "Mantaverschwörung" von zwei Filmstudenten der Filmakademie Baden-Württemberg.

Keine Kommentare: