Freitag, 25. Februar 2011

Der erste Copytest als App.

Wie finde ich als ambitionierter junger Mensch heraus, ob ich kreatives Talent für die Kommunikationsbranche habe?

Eine sehr gängige Methode ist der Copytest, den viele Agenturen zur Verfügung stellen.

Früher – so um 1995 – bekam man den Test von Agenturen per Post als Ausdruck zugeschickt.

Das waren mehr oder weniger realitätsnahe Aufgaben/Briefings aus dem Kundenbereich der jeweiligen Agentur, die man "lösen" und zurück schicken konnte.

Inzwischen  – seit ca. 2000 – kann man sich bei vielen Agenturen diesen Test auf deren Webseite runterladen und seine Ergüsse dann per e-Mail an die Agentur schicken.

Seit Anfang 2011 gibt es diesen Test jetzt als App (ich will das Wort Weltneuheit nicht in den Mund nehmen, ist mir zu hochtrabend, aber es gibt zumindest bisher noch keine Copytest App). Hat man die Aufgaben gelöst, kann man sie direkt über die App an uns schicken.

Wir haben mit der Veröffentlichung gewartet, um die kleinen Bugs hier und da noch zu beseitigen.

Heute kann ich Euch den Test endlich nahe legen, wenn ihr herausfinden wollt, ob eine Agentur das richtige Umfeld für eure Kreativität ist.

Die App gibt es kostenlos im itunes Store. Suchwort „Copytest“.

All denjenigen unter Euch, die sich an meine kritischen Worte zu Copytest an dieser Stelle erinnern, sei gesagt:

Wir haben versucht, sehr realitätsnahe Aufgaben/Briefings zu erstellen. Und gleichzeitig viele Möglichkeiten einer App genutzt, damit ihr noch kreativer und freier Eure Ideen darstellen oder umsetzen könnt.

Ich bin auf Euer Feedback gespannt. Und – wer es wissen will – natürlich auch auf eure Ideen.

Donnerstag, 24. Februar 2011

Zarte Verirrung.

Die Werbung der lila Kuh ist ohne Zweifel ikonographisch. Das Key-Visual ist so einprägsam, dass man fast schon nicht mehr hingesehen hat, wenn sie einem begegnet. Verständlich, dass die Marketingverantwortlichen überlegen mussten, wie man die Wahrnehmung in unserem Lande fundamental verändert.

Sie haben sich dazu keinen Geringeren als die geschätzten Kollegen von Crispin Porter & Bogusky ausgesucht.

Für mich ein Paradebeispiel, wie schwer es für eine Agentur sein kann, den Nerv zu treffen, wenn man in dem betreffenden Markt nicht persönlich zu Hause ist.

Bei Schlüsselbotschaften in einer anderen Sprache muss man wirklich viel recherchieren und sich sehr große Mühe geben, wenn man einen Claim entwicklen will, der nicht nur im Englischen vielversprechend klingt.

Bei dem neuen Machwerk für die berühmteste Kuh der Welt ist der Grundgedanke wohl der, dass die Deutschen gar nicht nett zueinander sind. Ein muffeliges und unfreundliches Volk.

Ein Klischee, dass man sich im Ausland früher selbst oft anhören musste. Seit der WM 2006 allerdings ist es mir nicht mehr begegnet.

Auf diesem Klischee aufbauend, kamen die Kreativen zu der Idee, dass die lila Kuh die Deutschen dazu bringen soll, endlich netter zueinander zu sein.

Was in dem englischen Claim mündete:

Dare to be sweet.

Nun kann man diesen Satz schlecht übersetzen mit „Trau dich, süß zu sein“.

Also musste irgendeine arme Textersau in einer assoziierten Agentur oder in einem der Übersetzungsbüros das Beste daraus machen.

Ergebnis: Trau dich zart zu sein.

Das ist nun wirklich eine verkopfte und krampfige Aussage, die den sowieso schon aufgesetzten Charme des Filmes den letzten Rest gibt.

Ich kenne die Übersetzungsproblematik großer Ideen und Gedanken aus dem Englischen sehr gut. Wir haben häufig sehr intensive Auseinandersetzungen mit unseren englischen Kollegen darüber.

Sie wollen manchmal nicht verstehen, dass gewisse Worte in einer anderen Sprache einfach eine andere Bedeutung haben und den Sinn verfälschen.

Die Arroganz, der Weltsprache mächtig zu sein, kann bei solchen Projekten dann oftmals zum Verhängnis werden.

Oder aber man hat ignoriert, dass dem deutschen Kunden das Wort "zart" so wichtig für die Marke ist, dass es unbedingt in der Botschaft vorkommen muss.

Sonst wäre aus "sweet" ja nicht "zart" geworden

Wie auch immer, der Film tut nicht weh. Aber er wurde sicher mit der Absicht entwickelt, mehr zu tun als das.


Mittwoch, 23. Februar 2011

Kinder, Kinder.

Menschen zwischen 13 und 17 Jahren (geschätzt) erzählen, was sie von den Marken und ihrer Kommunikation erwarten.

Sie wollen sie verlinken, einbetten und rund um die Uhr kontaktieren können. Aber auch blocken (und runterbloggen), wenn die Marken etwas tun, was ihnen nicht gefällt.

Die Kinder in diesem Video sind im Alter meiner Kinder – nur sehe ich sie darin nicht.

Keine Frage, meine Kinder sind viel im Netz unterwegs. Aber ob sie diese Forderungen stellen würden, bezweifle ich.

Ist das wirklich die breite Masse der Zielgruppe von morgen, die dieses Kommunikationsverhalten in Zukunft erwartet.

Oder der Wunsch einer Mediaagentur (der, die das Video erstellt hat)?

Dienstag, 15. Februar 2011

Werber sind auch Wähler.

In Hamburg geht der Wahlkampf in die letzte Woche. Am Sonntag wird die Bürgerschaft und damit auch der neue Bürgermeister gewählt.

Der Spiegel (Print-Ausgabe) beschrieb diesen Wahlkampf gestern wie folgt: ein Kampf der Null-Botschaften.

Der CDU Kandidat aus Heidelberg tut sich schon seit Amtsübernahme als Nachfolger des Vorzeigehanseaten Ole von Beust sichtlich schwer. Die SPD mit Olaf Scholz muss quasi gar nichts tun, um als Gewinner hervorzugehen (einfach still sein und keine polarisierenden Botschaften verkünden).

Eine Ole von Scholz-Kampagne ist das Ergebnis.

In der letzten Welt am Sonntag antwortete Herr Ahlhaus nun auf die Frage, warum er keine Agentur für seinen Wahlkampf eingesetzt hat: weil die Zeit knapp war und es meistens mit einer Agentur nicht besser wird.

Das ist in Hamburg in etwa so, als würde er auf die Frage, warum er sich nicht mit dem Schiff oder mit einem Airbus fortbewegt, antworten: weil man mit der Bahn auch irgendwann ankommt.

Werber sind auch Wähler, lieber Herr Ahlhaus. Und falls es sich im Rathaus noch nicht rumgesprochen hat: in Hamburg gibt es davon verdammt viele.

Wie gesagt, die SPD muss eigentlich gar nix tun.

Samstag, 5. Februar 2011

Vereinte Glücksmomente.

Hinterher sieht alles immer so einfach aus. Aber es ist ein ziemlich beschwerlicher Weg, solch ein Projekt zu Bekanntheit zu führen. Denn wenn man sich aufmacht, den Weg zu beschreiten, weiß keiner, ob er jemals von Erfolg gekrönt sein wird.

Unsere Kampagne „Stop talking. Start planting“ ist das Beispiel, wie eine Idee viel Leidenschaft, viel Ausdauer und rund zwei Jahre benötigt, um Weltruhm zu erlangen.

Als einen schon das Gefühl beschlich, die Kampagne kommt nicht aus dem Quark, explodiert sie plötzlich. Keiner kann genau erklären, warum. Denn die Idee selbst war schon ein Jahr vorher veröffentlicht worden. Vermutlich kamen viele Aktionsstränge, die wir parallel gestartet hatten, auf einmal zum Tragen.

Unser Engagement für Plant-for-the-Planet wurde nicht aus der oft unterstellten Motivation gestartet, Medaillen zu gewinnen. Es wurde gestartet, weil mein Partner Hermann Waterkamp vor rund 5 Jahren einen gewissen Frithjof Finkbeiner und dessen wahnsinnige (im wahrsten Sinne des Wortes) Initiative kennen lernte.

Einen Mann, der einst sein Unternehmen verkaufte, um sich einer sinnvolleren Tätigkeit zu verschreiben als Geld zu scheffeln. Mit seiner Foundation Global Marshall Plan wollte er eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung herstellen.

Eine Welt in Balance.

Es geht dabei um einen besseren weltweiten Ordnungsrahmen, eine nachhaltige Entwicklung, die Überwindung der Armut, den Schutz der Umwelt, Gerechtigkeit und in der Folge ein neues Weltwirtschaftswunder.

Was kompliziert und komplex klingt, war auch kompliziert und komplex zu kommunizieren. Vor allem, wenn kein Budget vorhanden ist.

Doch der ungebrochene Elan gepaart mit der nötigen Penetranz, die Frithjof für sein Projekt an den Tag legte, hielt uns bei der Stange. Dieses bemerkenswerte Unternehmertum musste man einfach unterstützen.

Durch Zufall wurde Frithjof auf Plant-for-the-Planet aufmerksam.

Auf die genial einfache Idee, möglichst viele Bäume zu pflanzen, um dem CO2-Ausstoß entgegen zu wirken.

Und Frithjof hatte ein zusätzliches Schlüsselerlebnis.

Er konnte mit Politikern und Wirtschaftsbossen über sein "Welt in Balance"-Anliegen reden und reden, aber er fand wenig Gehör.

Einer einfachen Botschaft wie "Bäume pflanzen" dagegen, vorgetragen von Kindern, wurde  jede Menge Gehör geschenkt. Ob aus Höflichkeit, aus Empathie oder aus Rührung?

Egal, Frithjof sah seine Chance, mit PFTP mehr Resultate für eine bessere Weltordnung erzeugen zu können als mit seiner Global Marshall Plan Foundation.

Kurzerhand fragte er ein Kind, das er wohl am ehesten und schnellsten von seinem Anliegen zu überzeugen annahm. Er fragte seinen Sohn Felix.

Ihr Ziel: eine Million Bäume in einem Jahr zu pflanzen und in jedem Land der Welt mindestens einen Kinder-Botschafter für dieses Projekt zu finden.

Felix fand Spaß daran (kein Wunder, bei den Genen). Und hat den Job fantastsich erledigt. Mit allen „Preisen“, die man dafür erhält – aber auch bezahlen muss.

Aus unserer Kampagnen-Idee „Stop Talking. Start Planting“ mit der simplen plakativen Hand-vor-den-Mund-halten-Symbolik ist inzwischen eine Kampagne geworden, die am 2. Februar von Felix vor den Vereinten Nationen vorgetragen wurde.

Ich glaube, dass der Erfolg dieser Botschaft der Müdigkeit vieler Menschen geschuldet ist, die sie gegenüber dem Gelabere von Politikern entwickelt haben.

Es kommt nicht oft vor im Leben von Kreativen, dass eine Idee solch ein Medieninteresse erzeugt. Sie wird aber vor allem durch ihre Initiatoren getragen. Durch Frithof und Felix. Die Million Bäume sind längst gepflanzt.

Ihr nächstes Ziel heisst: Trillion Trees.

Die Kampagne, die mit keinem Budget entwickelt und gestartet wurde, hat inzwischen ein Mediavolumen erreicht, das für uns selbst unvorstellbar ist.

Ein Projekt zu Bekanntheit zu verhelfen, das zu einer besseren Welt führen kann, ist eine Genugtuung, die jede Kreativmedaille übertrifft. Der Anblick des Videos unten kann einen Kreativen wirklich für ein paar Momente glücklich machen:

Job done!

Bleibt die Erkenntnis für alle, die sich auch gerne für solch eine Idee oder solch ein Projekt einsetzen wollen, dass man den Erfolg sehr schwer voraussagen kann. Auch wenn wir sogenannten Kommunikationsexperten immer so tun, als wüßten wir es: die Ungewissheit begeleitet dich unaufhörlich. Und je länger der Erfolg ausbleibt, desto härter ist das Durchhalten.

Wer es mit einer Idee zu Weltruhm bringen möchte und sich pro bono für solch eine Aufgabe einsetzt, der braucht einen langen Atem und viel Einsatzbereitschaft.

Beides fällt allerdings umso leichter, wenn man selbst an die Sache glaubt.

Schon einen Baum gepflanzt?



Dienstag, 1. Februar 2011

Wahrer kreativer Mut.

Vor ein paar Monaten hatte ich in unserer Agentur eines dieser üblichen Kennenlern-Gespräche mit einem Regisseur.

Diese Meetings mache ich ganz gerne. Das persönliche Verhältnis zwischen Kreativen und Regisseur kann einen Dreh maßgeblich beeinflussen. Und so gehört es für mich zur Sorgfaltspflicht, den Menschen hinter der Rolle zu fühlen, bevor ich einen Auftrag erteile.

Damit entgehe ich der unangenehmen – leider in der heutigen Zeit nicht seltenen – Situation, den Regisseur erst im PPM persönlich zu treffen – um möglicherweise festzustellen, dass die Chemie zwischen uns beiden nicht stimmt.

In besagtem Kennenlern-Gespräch traf ich auf Kai Sehr, der nach mehreren Jahren in den USA wieder in Europa Fuß fassen will.

Neben seiner überzeugenden Rolle mit Werbespots erwähnte er damals ein Dokumentar-Film-Projekt, mit dem er sich gerade in der Endfertigung befand.

Jetzt ist es fertig und es hat mich spontan fasziniert:

Skateistan.

Dieser Film handelt von einer Skatebordschule in Afghanistan.

Ihre Gründungsgesichte geht ungefähr so: Ein Amerikaner begleitet um das Jahr 2007 arglos seine Freundin, die als Sozialarbeiterin nach Kabul geht. Der Mann ist Skateboard-Freak. Um sich nützlich zu machen, fängt er nach einer Weile an, den Kindern in Kabul das Skateboarden beizubringen.

Das Paar spürt, welch verbindende und friedensstiftende Kraft diese Aktivität unter den Kindern unterschiedlichster Stämme erzeugt, und gründet eine Skateboardschule.

Am Anfang musste der Skateboard-Lehrer die Boards noch heimlich ins Land bringen. Inzwischen hat sich das Projekt weltweit so einen Namen gemacht, dass wenigstens Schmuggeln nicht mehr nötig ist.

Als Kai Sehr von dem Unterfangen erfährt, ist er so fasziniert, dass er spontan zusagt, einen Film über das das Projekt zu drehen.

Ohne Budget. Aber mit ganz viel Empathie und Enthusiasmus.

Menschen riskieren ihr Leben, um eine Botschaft in die Welt zu tragen.

Das ist wahrer kreativer Mut.

(Und nicht, wie viele Goldjäger denken, das Produkt im Film möglichst nicht zu zeigen).