Freitag, 11. März 2011

Buyout Gezocke

Das Thema kann zum Krebsgeschwür werden. Wer im Bereich Foto, Film oder Funk auf Agentur- oder Kundenseite tätig ist, hat Buyouts in steter Regelmäßigkeit an der Backe.

Mit den Buyouts werden Nutzungsrechte für die Veröffentlichung über einen bestimmten Zeitraum in bestimmten Medien abgegolten. Die Rechte der Fotomodelle, der Sprecher, der Schauspieler, aber auch der Fotografen, der Komponisten und der Regisseure.

In Zeiten von Web 3.0 ist eine faire Behandlung des Nutzungsrechtes gerade räumlich und zeitlich eine echte Herausforderung.

Es ist ein prägnanter finanzieller Unterschied, ob man die Buyouts für ein Land und einen Medienkanal (z.B. TV) verhandelt oder für „all time, all media, all countries“.

Ein guter, aber noch unbekannter (Haupt-) Darsteller erhält für eine Rolle in einem TV-Spot um die 1.000 Euro. Will man sich die Buyouts für TV und Internet in Deutschland für ein Jahr sichern, kommen noch mal rund 250% bis 300% oben drauf. Also 2.500 bis 3.000 Euro.

Möchte man die gleiche Medien-Kombi weltweit einkaufen, landet man je nach Verhandlungsgeschick so zwischen 15.000 und 30.000 Euro. Wie gesagt, für ein Jahr.

Es klingt gerecht, wenn ein Darsteller, Komponist oder sonstiger Künstler für seine Leistung, die von den Marken genutzt wird, um den Absatz zu steigern, eine gesonderte Vergütung für die Nutzungsrechte erhält.

Das Ganze kann aber zum Märtyrium für Agentur und Kunden werden, wenn eine Kampagne sehr erfolgreich läuft – und über den verhandelten Zeitraum hinaus eingesetzt werden soll.

Bei den Nachverhandlungen werden aus einigen Künstlern plötzlich rüde Zocker.

Sie vergessen jedoch, dass der Erfolg der Kampagne auf der starken Idee einer Agentur und auf dem Mediageld, mit dem der Kunde diese Kampagne bekannt gemacht hat, basiert. Natürlich kann auch ein guter Darsteller oder eine gute Musik ein Werbemittel besonders gut funktionieren lassen, aber dafür hat man die betreffenden Künstler ja auch ausgewählt. Und beim Kunden vielleicht noch besonders hart dafür gekämpft.

Noch unangenehmer wird es für Agenturen, wenn die Eigenwerbung mit ins Kalkül der "Künstler" einbezogen wird.

Wir haben kürzlich eine Rechnung bekommen, weil wir einen Spot auf unserem YouTube-Channel zeigen. Von einem Darsteller, den wir auch noch gegen die Skepsis des Kunden in langen Diskussionen durchgesetzt haben.

Das finde ich – gelinde gesagt – zum Kotzen.

In Zeiten, in denen Agenturen mehr und mehr projektweise bezahlt werden, müsste die eigentliche Idee, also der Ursprung von allem, an erster Stelle ein Buyout erhalten.

Eines der berühmtesten Beispiele ist der Jever-Mann. Dieser Film wurde noch Jahre später eingesetzt, als die Agentur schon längst nicht mehr für den Kunden gearbeitet hat. Und inzwischen wurde der Jever-Mann von anderen neu inszeniert.

Der Darsteller hat sicher fette Buyouts kassiert. Die Agentur hat für ihre Idee, die alles andere überdauert hat und den Absatz föderte, keinen Pfennig mehr gesehen.

Die Damen und Herren Künstler bzw. deren Management sollten in Zukunft vielleicht mit mehr Feingefühl an die Verhandlungen gehen.

Man sieht sich immer zweimal im Leben.

Der oben erwähnte Darsteller, der uns eine Buyout-Rechnung für die Agentur-Eigenwerbung schreibt, wurde uns gerade wieder für ein großes Projekt vorgeschlagen.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Klar, es gibt gierige Künstler.
Aber Verträge sind Verhandlungssache. Wenn also das Problem späterer Buyouts häufiger auftritt, sollte man das vorher mit aushandeln. Also eine Klausel einfügen, was bei verlängerter Laufzeit eines Projektes an weiteren Buyouts geleistet wird. Gerade bei größeren Projekten werden (bisher) unbekannte Künstler sicher schauen, dass sie im Boot bleiben.
So verhandelt jeder TV-Sender, wenn er sich die Rechte an einer neuen Serie sichert, bei der man nicht weiß, ob und wie lange sie erfolgreich läuft.

Das andere Problem, dass ich hierbei jedoch sehe, ist, dass Agenturen vor allem gute Kreation zur immer niedrigeren Preisen an den Kunden "verschenken". Und das hat sich die Branche selber zuzuschreiben. Die Agenturen müssen einfach mehr Überzeugungsarbeit leisten - für die Idee und ihren monetären Wert. Denn gute, zielgerichtete Kreation kann dem Kunden eine Menge mehr Geld einbringen, als ein günstig produzierter 08/15 Spot.

Anonym hat gesagt…

Angebot und Nachfrage! Wer ein Buy Out für seine Idee will, soll es in den Vertrag schreiben. Wenn ein Darsteller (oder Komponist oder was auch immer) zu viel Geld will: Einen anderen nehmen!

Wenn eine Werbung länger gezeigt wird als vorgesehen oder weltweit statt national, dann deswegen, weil der Auftraggeber sich davon mehr Umsatz erhofft. Dann kann er schnell ausrechnen, ob bzw. wie schnell die 30.000 EUR wieder in die Kasse kommen.

Zschaler hat gesagt…

@Anon10:29h: Den letzten Absatz in deinem Kommentar unterstreiche ich voll und ganz. Und gerade deshalb wird und muss es in Zukunft Buyouts für Ideen geben.

Anonym hat gesagt…

Hübsches Ding und auch hochinteressant. Lustiger Weise, kenne ich den Jever Mann persönlich (ein Franzose, der mittlerweile in den Staaten wohnt – netter Kerl). Über den Zeitraum von mehr als 15 Jahren hat er Buyouts bekommen. Nicht viel, aber immerhin soviel, dass er sich darüber gefreut hat und Jung von Matt und dem Friesischen Brauhaus zu Jever sehr dankbar ist. Auch kann ich nicht wirklich nachvollziehen, weswegen er nicht Kohle dafür bekommen sollte. Schließlich ging ja auch jahrelang jemand mit seinem Konterfei hausieren. Ich denke, das Problem sind nicht zwingend die Buyouts, sondern die Verträge, die viele einfach nicht richtig schreiben. Natürlich sollte man mit einem Model, einem Künstler und allen anderen, die Buyouts bekommen, im Vorwege Verträge schließen, die einen im Nachgang nicht umbringen. Dazu gehört auch, dass man die Zockerseelen gleich abcheckt. Ich habe unlängst lustige Agreements unterschreiben, damit die Telekom mit meiner Visage aus einem Shooting die nächsten 3 Jahre lang machen kann, was sie will... Also, immer schön ans Schriftliche denken. Am besten schon VOR dem Casting. Eigene Regeln definieren. Wer nicht mitspielt, wird nicht genommen, fertig.

Dietmar Henneka hat gesagt…

ein weites feld. zockerseelen? ich zeige ihnen meinen vertrag (GWA), ich zeige ihnen meinen vertrag(werbeagentur), ich zeige ihnen meinen vertrag(einkauf/auftraggeber), ich zeige allen dreigenannten meinen vertrag (BFF). nix ist deckungsgleich, alle konträr. was nun? genereller knackpunkt für fotografen ist: war es denn seine ureigenste bildidee oder nicht doch, wie so oft, die des art directors? schönes beispiel: mercedes-benz SLK mit den bremsstreifen. cannes lions vollfett. sicher die idee der londoner agentur. der fotograf als "beifahrer" und nutzniesser bis an den st.-nimmerleinstag? da sollte sich mal der ADC, die GWA, die Firmen an einen tisch setzen und einen für alle freelancer gültigen vertrag erstellen, der auch die rechte der abgebildeten personen beinhaltet.
nicht gross nachgedacht meinerseits, sondern auf die schnelle gepostet.

Thomas Kreuer hat gesagt…

Hi Stefan,
als Werbefilmproduktion hassen wir die ewigen Diskussionen zwischen Darstellern, ihren Agenturen, den Werbeagenturen und ihren Kunden auch. Sie kosten immer viel Zeit und machen nie Spass.
Auf der anderen Seite muss man sehen, dass ein Werbedarsteller sein Gesicht "vermietet". Und wie jede andere Mietsache, nutzt ein Gesicht ab. Siehe extreme Bsp. wie den "Melitta-Mann" in den 90ern. Insofern kann ich den Standpunkt der Darsteller nachvollziehen und wir versuchen in der Regel auch, einen fairen Interessensausgleich zu finden - manachmal sogar erfolgreich :-)
Viele Grüsse
Thomas Kreuer, Thirty Seconds/Düsseldorf