Montag, 25. Juni 2012

Craftlos in Cannes.

Jedes Jahr das Gleiche. Die deutschen Agenturen triumphieren in Cannes. Nur bei Film sieht es ganz düster aus. Zu diesem Thema könnte ich meinen Beitrag vor fast genau einem Jahr kopieren.

Trotz des historisch einmaligen Ergebnisses der Kreativnation Deutschland gab es in der Film- und in der Film Craft-Kategorie keinen Löwen. Null. Nada. Niente. Käfig leer.

An den nötigen Ideen kann es bei solch einem Triumph nicht liegen. Liegt es auch nicht. Der Grund ist gänzlich banal und hat sich seit dem letzten Jahr nicht geändert:

Uns Deutschen fehlen die nötigen Filmproduktions-Budgets.

Mittwoch, 20. Juni 2012

Die Agentur wechselt. Und keiner merkt's.

Ein Großmeister unserer Branche hat einmal zu mir gesagt: Wenn ein Kunde einen Pitch einberuft, hast du die größte Chance, seinen Auftritt signifikant zu ändern. Danach geht es in der täglichen Zusammenarbeit mit dem kreativen Anspruch stetig bergab.

In den letzten Monaten gab es wieder mal einige fette und prestigeträchtige Dinger, die die Agentur gewechselt haben. Zum Beispiel ein Segelschiff, ein Kranich oder eine Kaffeebohne. Um nur einige wenige zu nennen, die mir gerade so spontan einfallen.


Freitag, 8. Juni 2012

Kein Pathos ohne Ethos.

Ihre Sprache ist momentan eher platt und martialisch. Die Griechen als Schöpfer der Sprachkunst scheinen in der Krise das verloren zu haben, was einst von ihren Philosophen in die Welt getragen wurde: eine gepflegte Sprachgewalt.

Doch vergessen wir ganz schnell die Finanzkrise. Mir geht es um die Kraft der Rhetorik. Die Kraft des Wortes. Gesprochen wie geschrieben.

Unsere Faszination für diese "Dynamis" ist es doch, die viele zum Texter hat werden lassen.

Es ist immer wieder ein Erlebnis, wenn ich eine Rede höre, die mich emotional berührt, mitreisst und motiviert.

Ich bewundere Menschen, die gute Reden halten können. Ganz besonders, wenn sie ihr Manuskript auch noch im Kopf statt auf Redekärtchen haben.

Meine heutige Reflektion über Rhetorik wurde durch ein Video angeregt, das ich auf dem Blog von Stefan Niggemeier, Journalist bei SPON, entdeckt habe.

Es ist eine Rede von Neil Gaiman, einem bekannten britischen Schriftsteller für Science-Fiction-Romane und -Comics, der in den USA lebt. Er hat besagte Rede anlässlich der diesjährigen Abschlussfeier für die Studenten der University of the Arts in Philadelphia gehalten.

Es geht in der Rede um gute Kunst. Und wie man sie macht.

Gaiman selbst hat nie studiert und kokettiert in seiner Rede damit. So, wie das auch schon Steve Jobs anlässlich einer sogenannten Commencement Speech im Jahr 2005 an der Stanford-University im kalifornischen Palo Alto tat.

Und, typisch amerikanisch, es geht um den bedingungslosen Glauben an sich selbst. Es geht darum, dass zu tun, wovon man überzeugt ist. Und es geht darum, diese Überzeugung gegen alle Bedenken durchzusetzen.

Pathos ist das bevorzugte Stilmittel für solche Inhalte. Und es erzeugt immer wieder Gänsehaut. Übrigens auch in der amerikanischen Werbung (Beispiel).

Im deutschen Kontext wirkt Pathos sehr schnell peinlich.

Pathos hat sehr viel mit Glaubwürdigkeit zu tun. Auch dafür haben die Griechen einen göttlichen Begriff: Ethos.

Ethos kommt aus der Überzeugungskraft und der Integrität des Sprechers (übersetzt für Werbung: die Glaubwürdigkeit des Absenders, also der jeweiligen Marke).

Neil Gaimans Rede zieht seine Glaubwürdigkeit aus der Tatsache, dass er, der nie studiert hat, trotzdem als Schriftsteller erfolgreich und berühmt wurde. Wenn er die Studenten dazu auffordert, „grandiose Fehler“ zu machen, dann entwickelt das emotionale Kraft.

Wer keine Fehler macht, schafft auch nichts Neues.

Eine Botschaft, an der sich viele Kreative immer wieder krampfhaft festhalten, wenn es darum geht, Kollegen, Chefs, Kunden oder sonstige Bedenkenträger davon zu überzeugen, mal etwas ganz Anderes, etwas Mutigeres zu wagen.

Die anderen zigtausend Schriftsteller, die permanent Fehler machen, aber keinen Erfolg haben, werden bei diesen Worten vermutlich wenig Pathos empfinden.

Dennoch lassen wir Menschen uns von diesem Stilmittel gerne verführen, weil wir einfach daran glauben wollen, dass das Unmögliche möglich ist. Dass es zu schaffen ist, sich gegen die destruktiven Kräfte von Mittelmaß und Routine durchzusetzen, wenn man nur an seine Sache glaubt. 

Vom Tellerwäscher zum Millionär. Eine Blaupause für Pathos.

Wer sich beim ersten Gegenwind umwerfen lässt oder aufgibt, wird es nicht schaffen.

So, wie das mit jeder Idee ist, an die man glaubt, aber sich nicht für sie einsetzt.

Auch wenn man sich 100mal eine blutige Nase holt, beim 101sten Mal klappt es dann.

Vielleicht.

Keiner hat gesagt, dass es ohne ungeheuere Anstrengung und Ausdauer geht, um seine Überzeugung zu vertreten.

Viele Marken neigen dazu, schnell mal Pathos versprühen zu wollen, um Emotionen zu wecken. Weil sie gehört haben, dass man mit Emotionen besser verkaufen kann.

Emotionale Kraft entwickelt Kommunikation dann, wenn vor dem Pathos für Ethos gesorgt wird. Heisst, die Haltung und Philosophie der Marke muss stimmen. Sonst wirkt es einfach unglaubwürdig.


Neil Gaiman Addresses the University of the Arts Class of 2012 from The University of the Arts (Phl) on Vimeo.