Freitag, 9. November 2012

Effekt trifft Effizienz. Ein Streitgespräch.

Aufgenommen während der GWA Effie Jury. Das Gespräch könnte aber auch bei jedem anderen Meeting in deutschen Werbeagenturen oder Marketingabteilungen entstanden sein.

Effekt: Wow, das wir endlich mal miteinander sprechen. Das ist doch ein Kracher.

Effizienz: Ich hab nicht viel Zeit, komm zur Sache.

Effekt: Diese sogenannten Kommunikationsexperten schlagen sich immer alle die Köpfe ein, wie viel ich wert bin.

Effizienz: Ohne mich wärest du das berühmteste Kostengrab der Welt.

Effekt: Und ohne mich würde sich kein Schwein für dich interessieren.

Effizienz: Es ist doch nur im Interesse der Unternehmensinhaber oder Aktionäre, dass du nicht zu viel Geld verschlingst.

Effekt: Als wenn es bei mir nur ums Geld ginge. Ich will, das möglichst viele Menschen über mich reden.

Effizienz: Was haben die Geldgeber davon, wenn man einen Tag über dich redet – und danach nie wieder?

Effekt: Na, je mehr sie in mich investieren, desto länger redet man über mich.

Effizienz: Aber ich glaube, es gibt einen Weg, dass man länger über dich redet, ohne dass das immer gleich mit mehr Geld ausgeben verbunden ist.

Effekt: Und wie heisst der Weg?

Effizienz: Kreativität. Oder meinetwegen: eine große Idee.

Effekt: Das zu entwickeln kostet doch auch Geld.

Effizienz: Ja, aber es gibt inzwischen viele Agenturen, die wegen einer guten Idee aufs Geld verdienen verzichten. Die müssen wir finden.

Effekt: Verwechselst du das nicht eher mit dem Show-Effekt? Ich bin der, über den  möglichst die ganze Welt reden soll. Und nicht nur die Kreativwelt.

Effizienz: Ja ja, aber weil die Kreativwelt so geil auf den Showeffekt ist, kann man sie ja vielleicht dazu kriegen, das eine mit dem anderen – dem echten Effekt – zu verbinden.

Effekt: Das verstehe ich nicht.

Effizienz: Na ja, wir motivieren Agenturen, für lau eine Goldidee zu entwerfen, die dann auch ihre Arbeit macht.

Effekt: Das werden die Agenturen aber nicht gut finden.

Effizienz: Warum, das praktizieren sie doch schon seit Jahren im großen Stil.

Effekt: Da würde ich nicht mitmachen.

Effizienz: Schlauberger, auf die Idee sind einige Agenturen jetzt auch gekommen. Aber da laufen doch immer noch viele eitle Agenturlenker rum, die jetzt den Thron der Aussteiger erklimmen wollen.

Effekt: Ich glaube trotzdem, dass dein merkwürdiges Kalkül nicht funktioniert. Immer mehr erreichen wollen, aber immer weniger dafür investieren. Erstes Semester BWL: no way.

Effizienz: Irgendeiner gibt sich immer dafür her.

Effekt: Aber dafür bekommst dann auch nur irgendeinen Effekt. Und nicht genau den, der dein Problem nachhaltig löst.

Effizienz: Effekt ist doch Effekt.

Effekt: Eben nicht. Wenn ich wirklich etwas bewirken soll, dann darfst du mich nicht als One-Night-Stand betrachten, sondern als längere Beziehung zwischen einer Marke und den Konsumenten.

Effizienz: Immer dieses Beziehungsgelaber. Ich will verkaufen. Und dabei sparen. Ein bisschen weniger geht doch immer. Unsere Procurement-Spezies haben den Waffenschrank voller Daumenschrauben für Verhandlungen. Die machen das schon.

Effekt: Was du und deine Procurement-Spezies nicht verstehen, ist der Umstand, dass man eine große Idee nicht in Mann/Tagen einkaufen kann. Noch dazu immer größere Ideen in immer weniger Mann/Tagen.

Effizienz: Bis jetzt habe ich die Erfahrung gemacht, dass das doch geht.

Effekt: Aber warum suchst du dann immer noch nach einer neuen Agentur.

Effizienz: Na ja, die alte hatte irgendwie nicht die zündenden Ideen.

Effekt: Wen wundert's, wenn du ihr immer weniger Mann/Tage bezahlen willst, dann erreichst du irgendwann Null Mann/Tage.

Effizienz: Perfekt. Das wäre das ideale Ergebnis.

Effekt: Ne, dann ist kein Mann mehr da, der dir die Arbeit macht.

Effizienz: Jetzt übertreibst du aber.

Effekt: Das liegt in meinem Wesen. 

Effizienz: Ups, Zeit ist um, ich muss weg.

Effekt: Aber wir sind doch noch gar nicht richtig zum Problem vorgedrungen.

Effizienz: Egal, mehr Substanz liegt nicht im Budget. Das hier muss reichen.

Effekt: Und Tschüß.

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