Sonntag, 25. August 2013

Werbung? Kann doch jeder.



Dieses Video sei all den Menschen gewidmet, die der Meinung sind, Werbung muss nichts kosten.

Unter dieser Maxime haben einige politische Kandidaten ihre Werbung für die kommende Wahl selbst gestrickt. Oder einen Partner gefunden, der es ihnen "ganz günstig" macht.

Im Zuge zunehmender Spardoktrin wird auch in vielen Unternehmen immer häufiger das günstigste Angebot gesucht – und die Vergabe eines Auftrages von der Qualität der Ideen abgekoppelt. 

Leider gibt es bisher noch zu wenige Beispiele, die aufzeigen, wie viel mehr es kostet, wenn ein Unternehmen bei Konzeption oder Produktion einer Kampagne ein paar tausend Euro spart, dafür aber später Werbemittel on air gibt, die nichts bewirken.

Denn im Gegensatz zu Hohn und Spott, den sich die Dame oben zu Recht eingefahren hat, ist null Reaktion ein gefährliches Markenschlafmittel. Keiner spricht uns auf die Werbung an? Gut so! 

Der stern hat in einem sehr amüsanten Beitrag die gesammelten Fremdschäm-Spots deutscher Wahlkandidaten zusammengestellt.

Deine Lachmuskeln werden ihre Freude haben.

Unsere singende Kandidatin, die sich zudem als Juristin ausgibt, hat sich neben negativen Schlagzeilen vermutlich auch noch eine einstweilige Verfügung durch den Musikverlag eingefangen. Was zusätzlich die Zweifel an den Fähigkeiten dieser Politikerin nährt.

Das YouTube-Video im stern Beitrag ist inzwischen zurückgezogen worden, aber wie das Video oben zeigt, lässt sich mit ein paar Recherche-Klicks immer noch ein Exemplar auftreiben. Mal sehen, wie lange es noch zu sehen (und zu hören ist).

Schöne Werbung für uns Werbeagenturen.

Donnerstag, 8. August 2013

Was für ein Omnischiss.

Jeder ehrgeizige Unternehmer braucht ab und zu ein Feindbild, um sich und seine Mannschaft zusätzlich zu motivieren. 

Als Feindbilder für inhabergeführte nationale Kreativagenturen taugen die internationalen Agentur-Netzwerke. Und ihre dazugehörigen Werbeholdings.

Nummer 1 ist WPP (JWT, Y+R, Ogilvy, etc.).
Nummer 2 ist Omnicom (BBDO, DDB, TBWA, etc.).
Nummer 3 ist Publicis (Publicis, Saatchi & Saatchi, Leo Burnett, BBH, Fallon, etc.).

Dann gibt es da noch Dentsu, IPG, Havas und Hakuhodo.

Wenn das EU-Kartellamt nickt, werden Nummer 2 und Nummer 3 jetzt zusammen gehen. Und die neue Nummer 1.


Unser Feindbild hat also wieder beträchtlich Nahrung aufgenommen, wir können mit den Verunglimpfungen loslegen.

Ist es so einfach?

Dieser Merger ist zweifelsohne eine Idee von Managern, denen Zahlen wichtiger sind als das kreative Produkt. Sie erhoffen sich vor allem zwei Vorteile:

Einsparung von Mitarbeitern in übergreifenden Bereichen (z.B. Services) und damit das Senken von Personalkosten.

Verbesserung der Verhandlungsmacht durch schiere Masse – besonders beim Einkauf von Medialeistung. Denn zu jeder guten Werbeholding gehören auch ein paar Mediaagentur-Netzwerke. 

Diese Strategie ist so gesehen keine Strategie zur Steigerung kreativer Qualität.

Der Druck auf die Anbieter von Medieninhalten wird durch den Zusammenschluss noch höher, die Qualität der Werbeumfelder noch schlechter, die Planungsqualität ebenso. Denn am Ende müssen noch mehr und noch billiger eingekaufte Media-Restposten den Kunden untergejubelt werden.

Media-Restposten erkennt man oft daran, dass ein Spot auf Sendern und zu Uhrzeiten läuft, zu denen die Zielgruppe ganz bestimmt nicht mehr TV guckt. Oder wenn ein digitales Werbemittel auf Webseiten erscheint, die sie ebenfalls nicht nutzen.

Wie das Mediageschäft genau funktioniert, könnt ihr bei Bedarf hier nachlesen.

Dennoch muss man sich die Frage stellen, warum die Manager der Holdings so einen Schritt wagen (neben dem über alles schwebenden Grund, Aktionäre mit guten Nachrichten zufrieden zu stellen)?

Wer hier Eitelkeit als Treiber sieht (endlich kann man dem ungeliebten WPP Chef mal eines auswischen und ihn auf Platz 2 schicken) oder die anstehende Nachfolgeregelung für den Publicis-Chef, der unterschätzt die Entwicklungen im Markt.

Unser Markt zeigt für mich zwei große gegenläufige Ströme. 

Hier eine brutale Zahlen- und Kostenorientierung bei den Kunden. Speziell bei großen und global agierenden Marken und Konzernen. Kostenkontrolle dominiert Qualitätsansprüche.

Da die Rückkehr von Kunden, die sich diesen omnipräsenten Systemen und ihren Managern ausgeliefert fühlen, zu inhabergeführten Agenturen, die für eine gewisse Qualität stehen und eher national agieren.

Es lässt sich allerdings – bei aller berechtigten Pflege des Feinbildes Werbeholding – nicht leugnen, dass das Produkt Kommunikation von großen Playern mehr und mehr wie Schrauben oder andere Waren, die ein Konzern benötigt, eingekauft wird. So gesehen reagieren Nr. 2 und 3 nur auf die Bedürfnisse ihrer Kunden.

Immer weniger Menschen in großen Konzernen interessieren sich dafür, dass eine gewisse kreative Qualität eine Eigenschaft benötigt, die man nicht in genaue Stunden und Manntage fassen kann: Freiheit.

Freiheit und Pfennigfuchserei sind einfach schwer miteinander zu verheiraten.

Leider stellt sich kein Einkäufer in Konzernen die Frage, wie viel er draufzahlt, wenn er die Produktionskosten von kreativer Ware zum Wohl des eigenen Unternehmens so drückt, dass das Ergebnis leidet. Und leider setzen sich auch immer weniger Marketingentscheider damit auseinander, um vielleicht gute Argumente zur Einsicht ihrer Einkäufer zu haben.

Was wird es ein Unternehmen kosten, wenn es bei der Produktion eines Spots bspw. € 50.000 spart, die dadurch erzeugte kreative Mittelmäßigkeit für 2 Millionen Euro schaltet – und dafür an Kommunikationsleistung einbüßt?

Im Falle des Mißerfolges wird meistens die Agentur für schuldig erklärt und ein Pitch ausgerufen.
Um bei der Gelegenheit gleich noch günstiger kreative Leistungen einzukaufen.

Kreativität hat aber eine noch andere wichtige Facette als Freiheit. Der Glaube an die Inspiration und das Talent von Menschen, um mit guten Ideen mehr Wirkung zu erzielen und ein besseres Geschäft zu machen. Menschen, die man nicht so einfach in eng ausgeklügelte Ausschreibungsschemata pressen kann.

Wenn dieser Glaube an Menschen fehlt, entsteht meistens Werbung von der Stange. Wie man ja überall auf dieser Welt problemlos sehen kann.

Was uns Kreative vielleicht beruhigen kann, ist der Schluss, dass der Merger kein Mehr an gequirllter Scheisse erzeugen wird. Er wird sie nur noch günstiger einkaufen.