Freitag, 27. Dezember 2013

Profitdenken macht arm.

In diesen Tagen bin ich endlich dazu gekommen, die Biographie von Steve Jobs (✞ 10/2011) zu Ende zu lesen.

Das Buch von Walter Isaacson, die sogenannte autorisierte Biografie, ist für Apple Fans irgendwie Pflicht, auch wenn einen beim Lesen ab und an das Gefühl beschleicht, dass Jobs wirklich alles kontrollieren wollte. Selbst das, was nach seinem Tod über ihn gesagt wird.

Rund zwei Jahre später mag eine Reflexion für viele keinen Reiz mehr besitzen. Für mich ging es aber vor allem darum, ein paar Erkenntnisse von einem der größten Überzeugungstäter, den die Welt je gesehen hat, für das eigene Tun mitzunehmen.

Nachdem ich mich – mühevoller als erwartet – durch das Werk gekämpft habe, kamen diese Erkenntnisse erst ganz am Ende des Buches.

Es sind die selbst verfassten Gedanken von Steve Jobs. Über das, was er der Welt hinterlassen wollte. Deshalb auch aus der Ich-Perspektive formuliert:

1. Meine Leidenschaft bestand darin, eine überdauernde Firma aufzubauen, in der die Leute motiviert sind, großartige Produkte herzustellen. Alles andere war zweitrangig. Sicher, es war toll, dass wir Profit machten, denn das erlaubte es mir, großartige Produkte herzustellen. Doch meine Motivation waren die Produkte, nicht der Profit. Sculley (Anm.: einer seiner Nachfolger als CEO) drehte diese Schwerpunktsetzung um: Das Ziel war es nun, Geld zu verdienen. Es ist ein feiner Unterschied, doch er bestimmt letztlich alles: die Leute, die man anstellt, wen man befördert, was man in Meetings diskutiert.


2. Ich habe meine eigene Theorie darüber, warum es zu einem Niedergang bei Firmen wie IBM oder Microsoft kommt. Die Firma macht hervorragende Arbeit, bringt Innovationen hervor und wird in einem bestimmten Bereich Monopolist oder zumindest beinahe, und damit wird die Qualität des Produktes weniger wichtig. Die Firma wertet zusehends die großartigen Vertriebsleute auf, denn sie können den Kurs in Richtung Ertrag ausrichten, und nicht die Wirtschaftsingenieure oder die Designer. Schließlich führen die Vetriebsleute die 
Firma.

3. Ich kann es nicht ausstehen, wenn Leute sich selbst als „Unternehmer“ bezeichnen, wenn sie in Wirklichkeit nur versuchen, ein Start-up aufzubauen, es dann verkaufen oder an die Börse bringen, um entsprechend abzukassieren und daraufhin anderswo weiterzumachen. Sie sind nicht bereit, die Arbeit auf sich zu nehmen, die für den Aufbau einer echten Firma notwendig ist. Dies ist die schwerste Aufgabe, die es im Geschäftsleben gibt.

4. Ich meine nicht, dass ich rücksichtslos über andere hinweggegangen bin. Aber wenn etwas Mist ist, dann sage ich es den Leuten direkt ins Gesicht. Es ist mein Job, ehrlich zu sein. (…) Wir sind auf brutale Weise ehrlich zueinander. Jeder kann kommen und mir sagen, dass ich nur Müll daherrede, und ich kann jedem dasselbe sagen. Wir hatten etliche sagenhaft heftige Auseinandersetzungen, bei denen wir einander angeschrien haben, und das waren die besten Momente, die ich je erlebt habe. 

5. Was hat mich angetrieben? Ich denke, die meisten kreativen Menschen wollen ihre Anerkennung dafür zum Ausdruck bringen, dass es ihnen möglich war, die Arbeit anderer, die vor uns waren, zu nutzen. Ich habe weder die Sprache noch die Mathematik, die ich beide verwende, erfunden. Ich stelle mein Essen kaum her, meine Kleidung überhaupt nicht. Alles, was ich tue, hängt von anderen Vertretern unserer Spezies ab und von den Schultern, auf denen wir stehen. (…) Wir versuchen mit den Talenten, die wir besitzen, unsere tief sitzenden Gefühle zum Ausdruck zu bringen, unsere Anerkennung für alle Beiträge vor uns zu zeigen und dem Fließen etwas hinzuzufügen. Das hat mich angetrieben.



Euch allen einen guten Start ins neue Jahr!

Mittwoch, 11. Dezember 2013

Erfolg hat Copyright verdient.

Dieser Beitrag erschien heute im Horizont.

Vor rund drei Jahren haben wir im Pitch einen Kunden mit überschaubarem Budget überzeugt. Eine Marke, die in einem ebenso überschaubaren Markt mit reinem Verdrängungswettbewerb eine neue Ausrichtung gesucht hat. 

Neue Strategie, neues CD, neue Kampagne. Nach rund neun Monaten war alles auf Schiene gebracht. Die Kampagne lief und zeigte erste Erfolge.

Genau der richtige Zeitpunkt, dachte der Kunde, um uns wieder zu kündigen – und ohne Agentur weiter zu machen.

Die Kampagne läuft heute immer noch. Und wir sehen keinen Pfennig für die laufende Nutzung unserer Ideen, weil wir beim Copyright nicht hart geblieben sind. In dem blinden Vertrauen, dass der Kunde länger als 12 Monate bei uns bleibt und dadurch unsere kreative Leistung ihre faire Bezahlung erfährt.

Copyright ist für viele Kunden immer noch ein Vertragsbestandteil, der für alle Zeit und alle Welt wie selbstverständlich im Honorar enthalten ist.


Ich bin der Meinung, dass das Copyright für immer und überall dann abgegolten ist, wenn der Vertrag zwischen Kunde und Agentur mit einem entsprechenden Honorar und mit einer ebenso entsprechenden Laufzeit ausgestattet ist.

Da solche Verträge in diesen Achterbahn-Zeiten aber immer seltener werden, bekommt das Copyright für Agenturen eine wichtige Bedeutung.

Wenn eine Idee, eine Kampagne, eine Webseite oder eine sonstige kreative Arbeit dem Kunden Erfolge bringen, dann gebietet es die Fairness, dass diese Idee so lange entlohnt wird, wie sie ihren Dienst tut.

Gerade im Projekt-Geschäft oder bei niedrigen Honoraren ist das Copyright eigentlich die klassische Erfolgsvergütung, welche Kunden gerne einfordern. Schließlich setzen sie die kreative Leistung auch nur dann für eine längere Zeit ein, wenn sie die gewünschte Wirkung zeigt.

Ein Paradebeispiel ist der Jever-Mann mit „kein anderes Bier“. Gefühlt 10 Jahre, nachdem der Kunde die Agentur verlassen hatte, wurde dieser Spot immer noch in seiner Urversion geschaltet. Das diese sehr erfolgreiche Idee keine Tantiemen für den Urheber bringt, ist aus heutiger Sicht ein Witz.

Nicht selten wird es als Unverschämtheit betrachtet, wenn eine Agentur heutzutage darauf drängt, eine Regelung für das Copyright zu finden, die für beide Seiten akzeptabel ist. Und es ist ja nicht so, dass es hier keine erprobten Modelle gibt, die Mediadruck, Laufzeit usw. in akzeptabler Form berücksichtigen.

Deutschland wirbt für sich mit dem Claim „Land der Ideen“, also sollten die Ideen in diesem Land auch den entsprechenden Respekt erhalten.

Der Bundesgerichtshof hat vor kurzen schon mal einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Mit seinem Urteil vom 13.11.2013 hat er den Unterschied in der Bewertung des Urheberrechtsschutzes zwischen "angewandter Kunst" und "zweckfreier Kunst aufgehoben. 


Was – theoretisch – bedeutet, dass Arbeiten von Werbeagenturen ab sofort den gleichen Status einer künstlerischen Leistung erhalten. Welche bei sichtbarem Erfolg auch entsprechend vergütet werden müssen.

Die Rechtsprechung hat dazu den sogenannten Fairness-Paragraphen aufgesetzt. Es gibt keinen passenderen Begriff dafür, wie ich finde.


Das Urteil ist übrigens ein Ergebnis der konsequenten Untergrundarbeit des GWA (danke).